Papst Silvester und der Teufel, Quelle: UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 137, Bl. 216v https://bit.ly/3PCqDcS

Der letzte Tag des Jahres ist nach Papst Silvester I. benannt. Das „Chronicon pontificum et imperatorum“, eine Geschichte von Päpsten und Kaisern, enthält eine berühmte Illustration, die Silvester II., geboren als Gerbert von Aurillac (um 950 – 1003) zusammen mit einer Darstellung des Teufels zeigt. Gerbert stammte aus einfachen Verhältnissen und schaffte es Abt von Bobbio zu werden sowie Erzbischof von Reims und Ravenna. Zu verdanken hatte er dies einerseits den Ottonen-Kaisern, als deren Berater er tätig war. Dank der Fürsprache von Otto III. wurde er 999 zum Papst gewählt und nahm den Namen Silvester II. an. Damit folgte er symbolisch Silvester I., der als Berater Konstantins des Großen galt und an dessen imperiale Politik Otto III. anknüpfte. Andererseits war Gerbert eine Kapazität auf den Gebieten technischer Innovation, Mathematik und Astronomie. So brachte er den Abakus, eine frühe Rechenmaschine, nach Europa. Seine Fähigkeiten konnten sich die Zeitgenossen nur dadurch erklären, dass Gerbert einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatte. Neben anderen inspirierte er Goethe zu seiner Darstellung des Faust.

Im „Chronicon pontificum et imperatorum“ ist Gerbert als wacher, pfiffiger Mensch wiedergegeben. Demgegenüber erscheint der Teufel als Gestalt mit mehreren Gesichtern. Martinus Oppaviensis, auch Martin von Troppau oder Martinus Polonus, ein aus Schlesien stammender Dominkanerpater, verfasste das "Chronicon pontificum et imperatorum" zwischen 1277 und 1286 auf Anregung von Papst Clemens IV. Das historische Werk, eine Gegenüberstellung der Amtszeiten von Kaisern und Päpsten, reicherte Martinus mit Anekdoten und Geschichten an. Mehrere Fassungen und Übersetzungen entstanden. Die Bebilderung des vorliegenden Exemplars aus der Mitte des 15. Jh. stammt aus der Werkstatt des Diebold Lauber in Hagenau im Elsass. Das ganze Werk finden Sie hier https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg137.

Wir wünschen einen guten Rutsch ins neue Jahr - ganz ohne Dämonen!

 

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Mappa Geometrica oder Grundriß und Geometrischer Entwurff der Hochfürstl: Merßburg: Ritterschafftlichen Dorffschaft Staringen, Quelle: Landesarchiv BW, GLAK H Stahringen 1 https://bit.ly/3iKeiXJ

Erst auf den zweiten Blick entpuppt sich der Ritter mit Helm, Hermelin und Schild als Gemarkungskarte. Wiedergegeben ist der Ort Stahringen, der heute zu Radolfzell gehört, umgeben von Wäldern, Wiesen, Äckern und Straßen. Um die Jahre 1744/49 war Stahringen in den Besitz des Franz Konrad von Rodt gelangt. Der Reichsfreiherr von Rodt (1706-1775) wurde 1737 zum Priester geweiht und 1750 Fürstbischof von Konstanz. Die Karte entstand um bzw. nach 1762. Rodt hatte zahlreiche weitere Ämter, Titel und Besitzungen inne. Auf der Karte ist er in einer separaten Abbildung dargestellt. Die ihn umgebenden Figuren verweisen zusammen mit der Aufzählung in der Titelkartusche auf seine Funktionen. So war Rodt Domherr zu Augsburg, Träger des Großkreuzes vom Johanniterorden zu Malta sowie des Großkreuzes des Malteserordens. 1758 wurde er zum Kardinalpriester der Titularkirche Santa Maria del Popolo in Rom ernannt, die im Hintergrund des Bildes zu erkennen ist. Er war außerdem Abt des Kastells Barbato bei Cremona und im ungarischen Szekszárd. Die im Vergleich zur Bedeutung des Orts Stahringen unverhältnismäßig erscheinende Aufmachung der Karte ist unter anderem damit zu erklären, dass Konstanz in Konkurrenz zu den großen Abteien von St. Gallen, Einsiedeln und dem Fürststift Kempten stand. Außerdem sah sich das Bistum Konstanz durch die kirchliche Reformpolitik von Kaiser Joseph II. gefährdet. Die Sonne, die mit freundlichem Gesicht die Darstellung der versammelten, von einem Engel präsentierten Ämter bescheint, könnte sowohl ein Hinweis auf die weitreichenden Beziehungen des Fürstbischofs sein als auch ein Symbol für seine aufklärerische Gesinnung, die er nach außen sichtbar machen wollte. Dies brachte er auch auf architektonischem Gebiet zum Ausdruck. So veranlasste Franz Konrad von Rodt während seiner Amtszeit den Abschluss der Arbeiten zur Umgestaltung des Meersburger Neuen Schlosses und die Ausstattung zahlreicher Kirchen mit neuen Fresken. Das Wappen des Fürstbischofs, oben rechts auf der Karte, ist mit Bischofsmitra und Fürstenhut wiedergegeben. 

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In der 1880 veröffentlichten Beschreibung des Oberamts Balingen werden verschiedene Nikolausbräuche der Region erwähnt: Die Truchtelfinger pflegten das St. Nikolausschellen, das einmal weiter verbreitet war. Der „Niklasschimmel“ bekam abends einen Teller mit Hafer ans Fenster gestellt, worin die Kinder am nächsten Morgen Äpfel fanden. Der „Schante Klaas“ in Balingen verteilte schon damals gebackene Hanselmänner und in Ebingen sowie Winterlingen war am Nikolaustag Bescherung, die Kinder erhielten Geschenke.

Eine 80 Jahre später entstandene Sammlung zu Bräuchen, Festen, Sagen und Traditionen, die in Vorbereitung der Amtlichen Kreisbeschreibung für den damaligen Landkreis Balingen in Auftrag gegeben wurde, ermöglicht einen tieferen Einblick zum Ablauf des Nikolaustags. Vieles davon gehörte zu dem Zeitpunkt der Vergangenheit an, besonders in industriell geprägten Gemeinden. Während einige Orte keine besonderen Bräuche pflegten, gingen in anderen nicht näher beschriebene Personen „ge' kl ausa“. Die mit dem Fest verbundenen Figuren erscheinen in unterschiedlicher Form, entweder einzeln oder in Gruppen, in guter oder schreckenerregender Gestalt. Ebenso zahlreich wie die lokalen Dialektfärbungen sind die Namen. Die guten Kläuse, die in den Orten „herumgehen“, treten als „Klosa“ in Nusplingen und Roßwangen hervor oder als der „Glaos“ von Ratshausen. Im Balinger Ortsteil Heselwangen machten die „Sante Glos“ die Runde. In Burgfelden kam der „Schanteklos“ im weißen Hemd und umgehängten Schellenriemen. In Dotternhausen erschien der ebenfalls weißgekleidete „Heilig“ und las aus einem Buch vor. Auch früher brachten die Kläuse Äpfel, Nüsse und kleine Geschenke. Sie konnten auch von Paten oder anderen Verwandten übergeben werden. Manchmal begleitete ein Ruprecht den Klaus oder ein schwarzgekleideter Knecht, wie in Dautmergen, Dormettingen oder Roßwangen. Von Dotternhausen wird berichtet, dass der schwarzgekleidete Ruprecht fest zuschlagen konnte. Noch furchteinflößender war der „Rolla-Määrte“ von Leidringen, der in Verkleidung mit Maske und einer Schelle auftrat. Wild um sich hauend agierte er als Schreck für Groß und Klein. Ähnliches ist aus Obernheim überliefert, wo es hieß „Jetzt kommad de wilda Sante Klosa!“ In Onstmettingen hingegen verkleideten sich die Kinder als „Santi Klaas“ und liefen durch die Straßen, bevor am Abend zuhause der große „Santi Klaas“ mit Gabensack und Rute einkehrte. In Rosenfeld scheint das Schellenlaufen der Buben bis in die Mitte des 20. Jh. beliebt gewesen zu sein. Sie hängten sich Kuh- und Geißenschellen sowie „Pferderollen“ um. Das Gebimmel erschallte in den Gassen, die damals kaum von Verkehrslärm erfüllt waren.  

Trotz vieler gemeinsamer Merkmale treten die besonderen Ausprägungen in den Gemeinden hervor bis hin zu urtümlichen, an vorchristliche Zeiten erinnernde Formen. Aus der kollektiven Erinnerung verschwunden ist das ebenfalls in die Weihnachtszeit fallende „Pfeffern“, das einige der Berichten aufführen. Dieser in vorwiegend katholischen Gegenden beheimatete Heischebrauch entstand im Zusammenhang mit dem Tag der unschuldigen Kindlein am 28. Dezember und erinnert an die Abläufe am Nikolaustag. Es war üblich einen Spruch aufzusagen, symbolische Hiebe mit Ruten auszuteilen und Gaben einzusammeln. Weil das „Pfeffern“ als Bettelei von Erwachsenen eingestuft wurde, bemühte sich die Obrigkeit schon im 19. Jh. um Eindämmung. Gemäß der Berichte war das Pfeffern noch in Endingen, Rosenfeld und insbesondere Ratshausen als „Pfefferrässen“ lebendig sowie in Dautmergen, wo es den Kindern vorbehalten blieb.

Mehr über alte Bräuche in und um Balingen finden Sie in den Heimatkundlichen Blättern für den Kreis Balingen, Stichwort „Volkskundliche Überlieferung im Kreis Balingen“, veröffentlicht auf der Homepage der Heimatkundlichen Vereinigung Zollernalb e.V. (Jahre 1958-60) https://bit.ly/3OU2spQ. Zur Beschreibung des Oberamts Balingen gelangen Sie hier https://bit.ly/3H5q2hl

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„Krabaten“ -  kroatische Reiter

Hintergrund einer Legende aus dem Dreißigjährigen Krieg

Die Erzählung „Krabat“ des Jugendbuchautors Otfried Preußler ist die Geschichte eines Waisenjungen, der in den Bann eines Schwarzen Zauberers gerät, sich gegen ihn auflehnt und am Ende seine Macht brechen kann. Der Inhalt beruht auf einer sorbischen Sage. Preußler siedelte den Schauplatz im Koselbruch in der Lausitz an. Die Ereignisse spielen vor dem Hintergrund des Großen Nordischen Krieges zu Beginn des 18. Jh.

Die historischen „Krabaten“ tauchen aber schon früher auf. Der Name leitet sich von „Hrvat“ für Kroate ab. Als Kroatien ab dem ausgehenden 15. Jh. unter den Einflussbereich der Habsburgermonarchie kam, entwickelte sich im Grenzland zum osmanischem Gebiet eine im Kampf mit verschiedenen Waffen erprobte und schlagkräftige Reiterei. In größerem Umfang traten sie als Soldaten während des Dreißigjährigen Krieges in Erscheinung. Die flexiblen berittenen Infanteristen wurden in der kaiserlichen Armee unter Tilly und Wallenstein eingesetzt und oft als Vorhut oder Aufklärer vorausgeschickt. Für die Bevölkerung waren sie die ersten Boten des herannahenden Krieges und sorgten allein durch ihr Erscheinen für Furcht und Schrecken. Wie bei allen Söldnern des Dreißigjährigen Krieges kam es auch hier zu gewaltsamen Übergriffen. Dazu wurde der schlechte Ruf der Kroaten von der gegnerischen Seite für Propagandazwecke genutzt. Im Südwesten taten sie sich bei der Eroberung Heidelbergs 1622 hervor. Die Anzahl der in der kaiserlichen Armee eingesetzten Kroaten soll zu Spitzenzeiten bis zu 20.000 Mann betragen haben, wobei die ebenfalls vertretenen Gruppen von Serben, Walachen, Ungarn, Kosaken und anderen mit einbezogen wurden. Darüber hinaus waren sie in dänischen, französischen oder spanischen Einheiten vertreten.

Für die meisten endete der Militärdienst mit dem Westfälischen Frieden. Als Zeugen ihrer Anwesenheit finden sich bis heute Steinkreuze aus der Zeit des Dreißigjähringen Krieges, die als „Kroatenkreuze“ überliefert sind. Ein Beispiel ist in Schwäbisch Gmünd erhalten. Das Kreuz mit doppeltem Querbalken wurde am Ende des Krieges von einer Müllerfamilie gestiftet und teilt seine Bezeichnung mit dem nahen „Kroatensteg“, von dem es vermutlich seinen Namen erhielt. Die Inschrift HISOSTM wird als „Hoc In Signo Omnis Salus Totius Mundi – In diesem Zeichen liegt das Heil der ganzen Welt“ interpretiert. In Sachsen beschäftigte Kurfürst Johann Georg II. ab 1660 bis zu seinem Tod eine Leibkompanie, die „Kroaten zu Ross“ unter dem Kommando des Grafen Janko Peranski. Der von dunklen Legenden umrankte Ruf der Kroaten ging in die Literatur ein und lebte dort für längere Zeit weiter. Sie spielen eine Rolle im Simplicissimus des Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen und auch Friedrich Schiller nutzte sie als Figuren in seinem 1799 uraufgeführten Drama „Wallensteins Tod“. Die Figur des Krabat in der sorbischen Volkssage, verschiedene Episoden, die in eine Rahmenhandlung eingebettet sind, wurde mit dem in Kroatien gebürtigen Obristen Johann Schadowitz, der 1704 in Särchen im Landkreis Bautzen starb, in Verbindung gebracht. Er soll als Schwarzkünstler gewirkt haben, wobei seine Person als Anknüpfungspunkt für weitere phantastische Geschichten und Ereignisse diente.

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 Wappenbuch der Goldschmiedemeister in Ulm

Wappenbuch der Goldschmiedemeister in Ulm, (Quelle: Stadtarchiv Ulm A 7766/1)

Seit dem Mittelalter organisierten sich Handwerker aus verschiedensten Berufsfeldern in Zünften, um gemeinsam für ihre Interessen einzustehen. Mit ihrer zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung im 14. und 15. Jahrhundert erlangten die Zünfte immer mehr Einfluss innerhalb der (reichs-)städtischen Regierungen. Die „Zunftkämpfe“ des 14. Jahrhunderts führten besonders in Süddeutschland zu Änderungen in städtischen Verfassungen, nach denen die Zünfte an der städtischen Herrschaft beteiligt wurden. In südwestdeutschen Reichsstädten war ein Großteil der Bürger Zunftmitglied; eine Ausnahme bildeten etwa Geistliche. Der Einflussbereich der Zünfte innerhalb der Städte beschränkte sich dabei nicht allein auf Verwaltung und Stadtregiment, sondern sie bestimmten und gestalteten das gesamte öffentliche Leben vielfältig mit. Im Rahmen der Selbstverwaltung und Organisation von Handwerkszünften entstanden auch sogenannte Zunftbücher. In ihnen wurden die „Merkwürdigkeiten“ der jeweiligen Zunft festgehalten; dazu zählten etwa Statuten und Ordnungen aber auch Verzeichnisse der Zunftmitglieder. Zunftbücher sind in Südwestdeutschland in kommunalen wie auch in staatlichen Archiven überliefert. Besonders reich ist die Überlieferung in Archiven vormaliger Reichsstädte. Die Zunftbücher ermöglichen dabei nicht nur Einblick in die Selbstdarstellungen von Zünften oder handwerkliche Praktiken vergangener Zeiten, sondern auch in frühe Formen von sozialen Sicherungssystemen, wie etwa Regelungen bezüglich der Witwenversorgung. Im Jahr 1862 wurden die Zünfte in Baden und Württemberg zugunsten der Gewerbefreiheit aufgelöst und somit verschwand auch die Tradition der Zunftbücher. Mehr über die Auswertungsmöglichkeiten und die Forschungsgeschichte zu Zunftbüchern können Sie im LEO BW Themenmodul Südwestdeutsche Archivalienkunde nachlesen. (JH)

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