Wie gehts weiter?

Ein Interview von Eva Rincke, durchgeführt am 8. November 2022 in Konstanz

Wie hat sich die Gemeinde in den letzten Jahren entwickelt?

Benjamin Nissenbaum: Die Zuwanderer kamen ja mit vielen Kindern und manche waren auch schon sehr alt. Leider liegen manche nun schon seligen Andenkens auf dem Friedhof. Von den Jüngeren sind viele mit ihren Kindern wieder in verschiedene andere Städte abgewandert, dadurch wurde die Jugend auch wieder etwas reduziert. Von etwa 70, 75 Seelen im Jahr 1989 haben wir uns vergrößert auf 320 Mitglieder im Jahr 2022. Ohne diejenigen, die aus der Schweiz zu uns kommen. Das ist der grobe Rahmen wie die Gemeinde sich in den letzten Jahren entwickelt hat.

Wobei ich sagen muss: Wir haben eigentlich einen ganz stabilen Minjan. Das ist sehr wichtig für uns, dass wir jeden Schabbat, Freitagabend und Samstag, mindestens zehn jüdisch Männer zur Verfügung haben, damit wir die Tora ausheben und aus der Tora lesen können. Das ist – toi, toi, toi – bis jetzt eigentlich jeden Schabbat möglich. Es gibt immer mal neun, dann kommt der zehnte dazu. Manchmal sind es auch zwölf, fünfzehn, achtzehn Männer. Frauen kommen natürlich auch, aber zum Ausheben der Tora im Gottesdienst zählen nur die Männer.

Was ist Ihnen als Vorstand der Synagogengemeinde Konstanz für die Zukunft wichtig?

Benjamin Nissenbaum: Sehr wichtig ist mir, dass die Mitglieder Freude an der Gemeinde finden und dass sie zusammenkommen. Dass wir die Mitglieder an die Gemeinde heranziehen und dass sie Spaß haben zu kommen. Noch wichtiger ist, dass wir die Alten und Schwachen betreuen, das haben wir immer im Fokus. Der Rabbiner und eine Sozialarbeiterin gehen wöchentlich herum und besuchen die Kranken und Schwachen, die nicht zum Gottesdienst kommen können - oder im Pflegeheim oder Altersheim sind. Das sind aus meiner Sicht die Hauptaufgaben, damit die Gemeinde funktioniert. Denn ohne die Sozialleistungen, die wir durchführen, wird die Gemeinde nicht lang existieren können. Das ist ein ganz wichtiger Punkt und der zweite Punkt ist die Jugend. Dass wir die Jugend heranziehen und dass die Kinder zusammenkommen. Wir haben extra ein Spielzimmer für die Kinder eingerichtet. Während des Gottesdienstes sind kleine Kinder ja nicht immer so ruhig, dann können sie sich einfach im Spielzimmer ein bisschen austoben, das gehört auch dazu. Am liebsten ist es uns, wenn der Gottesdienst mit vielen Kindern gesegnet ist – Krach von den Kindern, das macht gar nichts.

Dazu kommt das Alltägliche: die Verwaltung. Die Verwaltung ist auch ein wichtiger Punkt. Das ist bei uns alles ehrenamtlich. Angestellt sind eine Sekretärin und Leute für die Reinigung. Der Vorstand selbst ist ehrenamtlich tätig. Wir haben fünf Vorstände, das heißt einen ersten Vorsitzenden, das ist meine Wenigkeit, dann zwei Stellvertretende, das sind Herr Albilia und die Frau Basovskaya, die auch schon 80 Jahre alt ist, aber trotzdem sehr aktiv. Das ist sehr gut. Sie hält auch die älteren Leute zusammen und bringt sie auch dazu, sich zu engagieren. Und wir haben Frau Schamberger und Frau Porepp im Beirat, das ist der gesamte Vorstand.

Benjamin Nissenbaum ist Vorstandsvorsitzender der Synagogengemeinde Konstanz.

Zitierhinweis: Benjamin Nissenbaum/Eva Rincke, Interview mit Benjamin Nissenbaum, in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.02.2023.

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