Rechenstäbchen

Nepersche Rechenstäbe 17. Jahrhundert [Quelle: Landesmuseum Württemberg]

Seit dem 17. Jahrhundert erhöhten immer komplexer werdende Rechnungen wie Steuererhebungen, astronomische Berechnungen, Ingenieursarbeiten oder Landvermessungen den Bedarf an Rechenhilfen. Die meisten der Innovationen, die in diesem Zusammenhang entstanden, erlaubten die Zerlegung eines komplizierten Rechenverfahrens in viele kleine Schritte und dienten dabei vor allem als Gedächtnisstütze und weniger als Taschenrechner im heutigen Sinne. Die hier abgebildeten, sogenannten Neperschen Rechenstäbe stammen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und werden heute im Landesmusem Württemberg ausgestellt. Das mathematische Prinzip der Stäbchen geht auf den schottischen Mathematiker John Napier zurück, der seine Erfindung 1617 veröffentlichte. Das Prinzip der Rechenstäbchen ist nicht ganz einfach: Auf der Längsseite der zehn Stäbe ist jeweils eine Reihe des Einmaleins notiert, die Ziffer auf dem Kopf gibt an welche. Für kompliziertere Multiplikationen wurden die Stäbe nebeneinander gelegt und die einzelnen Ergebnisse konnten schließlich addiert werden.

Die erste urkundlich erwähnte "Rechenmaschine" stammt hingegen von Wilhelm Schickard, der seit 1619 Hebräisch und Astronomie an der Universität Tübingen lehrte. In einem Brief an Johannes Kepler aus dem Jahr 1623 wird die Funktionsweise dieser Maschine knapp beschrieben. Die Rechenmaschine beherrschte das Addieren und Subtrahieren von bis zu sechsstelligen Zahlen, einen „Speicherüberlauf“ signalisierte sie durch das Läuten einer Glocke. Um komplexere Berechnungen zu ermöglichen, waren die Neperschen Stäbchen darauf angebracht. Man vermutet, dass diese Maschine später während eines Brandes von Schickards Haus verloren gegangen ist. In den Jahren 1957-60 rekonstruierte der Tübinger Philosophie-Professor und Mathematiker Bruno von Freytag-Löringhoff nach überlieferten Skizzen und Beschreibungen eine funktionierende Replik einer solchen Rechenmaschine, die heute im Stadtmuseum Tübingen ausgestellt ist. Eine kleine Vorführung der Funktionsweise der Rechenmaschine finden Sie auf der Seite der Digitalen Mechanismen- und Getriebebibliothek. (JH)

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Gedenksstele mit dem berühmten Mops vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie von Bülow am Stuttgarter Eugensplatz, Quelle: Landauf, LandApp Das Bild stammt aus unserer App https://t1p.de/7mo7l

Auch wir erinnern an den Bernhard-Viktor „Vicco“ Christoph-Carl von Bülow, der am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geboren wurde und in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag hätte feiern können. Ab 1938 lebte die Familie für einige Jahre in Stuttgart, wo Viktor 1941 am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium das Notabitur ablegte. Nach Kriegseinsatz und einer Ausbildung in Malerei und Grafik war er ab 1950 unter seinem Künstlernamen tätig. Von 1967 bis 1972 arbeitete Loriot als Moderator, Autor und Co-Regisseur für die Fernsehsendung Cartoon beim Süddeutschen Rundfunk. Hier erschien auch das berühmte rote Sofa, von dem aus die Beiträge in nonchalanter Manier kommentiert wurden. Seine Trickfilme und Sketche kamen gut an und immer mehr davon wurden in der Sendung gezeigt. Weitere, nun mit Evelyn Hamann und vom grünen Sofa aus präsentiert, machten beide legendär. Über seine Arbeit sagte der Humorist: „Kommunikationsgestörte interessieren mich am allermeisten. Alles, was ich als komisch empfinde, entsteht aus der zerbröselten Kommunikation, aus dem Aneinander-vorbei-Reden.“ Das Zitat stammt aus einem Interview Loriots mit dem Spiegel im Jahr 1988. Sehr beliebt waren auch die Opernaufführungen, die Loriot inszenierte: 1986 stand „Martha“ auf dem Spielplan in Stuttgart, 1988 „Der Freischütz“ in Ludwigsburg. „Der Ring an einem Abend“ wurde 1992 in Mannheim uraufgeführt.

Um die nach dem Tod Loriots 2011 vor dem ehemaligen Wohnhaus am Stuttgarter Eugensplatz aufgestellte Gedenkstele – siehe Bild – rankt sich eine Geschichte: Auf der zunächst schlichten Säule erschien plötzlich ein Mops aus Stein, den Fans in einer Überraschungsaktion angebracht hatten. Doch kurze Zeit später verschwand dieser wieder, was für heftige Diskussionen sorgte. Daraufhin wurde 2014 ein Exemplar aus Bronze fest installiert.

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Gemeindewappen von Deggingen und Kuchen

Gemeindewappen von Deggingen (links) und Kuchen (rechts). Quelle: Kreis- und Gemeindewappen in Baden-Württemberg, hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, 4 Bde., Stuttgart 1987. Die Vorlagen wurden vom Landesarchiv Baden-Württemberg medial aufbereitet und teilweise aktualisiert.

Häufig stellen Ortswappen bildhaft eine (oft volksetymologische) Deutung des Ortsnamens dar oder sie bilden Wirtschaftszweige ab, die für den jeweiligen Ort typisch waren. Auch Tiere sind beliebte Wappenmotive, allen voran der Löwe oder der Adler. Elefanten hingegen sind in der europäischen Heraldik als Wappentier sehr selten und doch ziert ein Elefant einige Gemeindewappen in Baden-Württemberg, so zum Beispiel die Wappen von Deggingen und Kuchen. In diesem Fall gibt das Wappen weniger Auskunft über die etymologische Deutung des Ortsnamens als vielmehr über frühere Herrschaftszugehörigkeiten. Der Elefant war das Wappentier der Grafen Helfenstein, einem alten schwäbischen Adelsgeschlecht. Es wird vermutet, dass die Helfensteiner den Elefanten als Wappentier zum einen wegen der lautlichen Nähe zu ihrem Namen wählten (Helfenstein – Elfenbein), zum anderen um ihre Stärke, Sanftmut und Weltläufigkeit zu unterstreichen.
So kommt es, dass das Wappentier der Helfensteiner auch auf dem Degginger Gemeindewappen präsent ist, da die Grafen Helfenstein den Ort bis 1627 bessessen haben. Der sechsstrahlige Stern dient als unterscheidendes Beizeichen, das die Verwechslung mit anderen in dieser Gegend vorkommenden Elefantenwappen ausschließen soll. Auch das Kuchener Wappen verbindet das Elefantenwappen der ursprünglichen Ortsherrschaft Helfenstein mit der Rose aus dem Stadtwappen von Geislingen an der Steige. Mit dieser Stadt teilte Kuchen viele Geschicke, so auch den Verkauf an die Reichsstadt Ulm und den Übergang an Württemberg, nach dem Kuchen dem Oberamt Geislingen zugeteilt worden war. Auch die Gemeinde Hohenstadt und die Stadt Wiesensteig tragen einen Elefanten auf ihrem Wappen. (JH)

 

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Ungarnflüchtlinge, Stuttgart 1956

Ernste Gesichter bei den Ankommenden und den Wartenden am Hauptbahnhof Stuttgart, Quelle: Landesarchiv BW, HStAS Q 2/50 Nr. 259, Bildarchiv Burghard Hüdig (Ausschnitt, Gesichter teils retuschiert)

Nach der Niederschlagung des Volksaufstands in Ungarn ab dem 4. November 1956 verließen rund 200.000 meist jüngere Personen das Land. Einige kamen nach Stuttgart und wurden beim Eintreffen am Hauptbahnhof von Burghard Hüdig mit der Kamera festgehalten, darunter auch einige Kinder. Die Ankommenden erhielten Suppe und warme Getränke. Rund zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Ereignisse in Ungarn zu vielen Aktionen der Hilfsbereitschaft geführt, auch im deutschen Südwesten. So dokumentierte Hüdig die Spendenbereitschaft der Bevölkerung, Solidaritätsbekundungen sowie die Entsendung von Hilfsgütern durch das Rote Kreuz in den Tagen vor, während und nach dem 4. November.

Der Volksaufstand war Ende Oktober 1956 aus Protesten von Studierenden in Budapest gegen die regierende kommunistische Partei entstanden. Gefordert wurde zunächst eine Wiederaufnahme des Reformkurses unter Imre Nagy und seine Wiedereinsetzung als Ministerpräsident. Bis zum Tod Josef Stalins 1953 hatte Mátyás Rákosi die sowjetischen Vorgaben mit rigiden Methoden umgesetzt. Auf politischer Ebene bedeutete dies die Zwangsvereinigung von Kommunisten und Sozialdemokraten, die Durchführung von Scheinwahlen und eine Verfassung nach sowjetischen Vorbild. Damit verbunden waren Massenverhaftungen, Internierungslager, Bespitzelungen und Hinrichtungen, deren Zahl bis in die Tausende ging. Imre Nagy, der im Juli 1953 die Regierungsgeschäfte übernahm, versuchte, zunächst noch mit sowjetischer Unterstützung, die Umgestaltung zu einem „menschlichen Sozialismus“. Die Abkehr vom Stalinismus unter Nikita Chruschtschow hatte für mehr Offenheit gesorgt aber auch Gegensätze hervorgebracht. Aus dem zunächst friedlichen Protest in Ungarn entwickelte sich nach dem gewaltsamen Eingreifen von Polizeikräften ein bewaffneter Volksaufstand. Es kam zu Straßenkämpfen. Unter dem während des Aufstands wiedereingesetzten Ministerpräsidenten Imre Nagy wurden die früheren demokratischen Ziele bekräftigt sowie die Absicht aus dem Warschauer Pakt auszutreten. Trotz Erklärung der Nichteinmischung wurde der Aufstand ab dem 4. November von sowjetischer Seite niedergeschlagen. Zu den Opfern gibt es unterschiedliche Angaben. Es ist von mindestens 2.700 Toten auszugehen. Es gab über 30.000 Gerichtsverfahren, nochmals Internierungen und mehr als 200 Todesurteile, darunter auch gegen Imre Nagy, der im Juni 1958 hingerichtet wurde.

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Allerheiligen im Schuttertal

Ein Perlenkranz als Grabschmuck zu Allerheiligen, Friedhof Schweighausen im Schuttertal, um 1960 [Quelle: Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Außenstelle Südbaden BA 91/352]

Das Foto wurde Anfang der 1960er Jahre aufgenommen. Es zeigt zwei Frauen in Tracht und mit Goldrandhauben in Begleitung eines kleinen Mädchens auf dem Friedhof in Schweighausen, heute ein Teilort von Schuttertal im Ortenaukreis. Bemerkenswert sind nicht nur die schmiedeeisernen Grabkreuze, sondern auch der Perlenkranz, der früher an Allerheiligen oder Allerseelen als Schmuck auf die Gräber gelegt wurde. Perlenkränze zu den Totengedenktagen im November waren bis dahin vor allem in katholischen Gegenden verbreitet. In der Mitte erscheinen Darstellungen Christi, der Jungfrau Maria oder flammende heilige Herzen, die aus Gips, Porzellan oder Blech gefertigt, auf Glas angebracht oder mit einem gläsernen Gehäuse geschützt wurden. Der Grabschmuck war in Frankreich aufgekommen und hatte sich während des 19. Jh. in Europa verbreitet. Der wiederverwendbare Perlenkranz diente zunächst als Sargschmuck frisch Verstorbener, wurde dann auf das neue Grab gelegt und jedes Jahr im November wieder hervorgeholt. Je nach Alter und Personenstand kamen unterschiedliche Farben zur Anwendung, dunklere für Ältere, hellere für Kinder. Bei unverheirateten jüngeren Leuten durfte es auch etwas bunter sein. Die der Witterung ausgesetzten Perlen zerbrachen oder zerfielen und landeten in der Erde. Im pragmatisch orientierten 20. Jh. kamen sie allmählich aus der Mode und wurden als pietätlos empfunden. Daraufhin verordneten immer mehr Friedhofsverwaltungen, natürlicher Materialien zu verwenden.

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