Das Obere Schloss in Talheim mit dem Dach des jüdischen Back-, Wasch- und Bethauses im Schlosshof, Quelle: Oberamtsbeschreibung Heilbronn, 1903.
Das Obere Schloss in Talheim (links) mit dem Dach des jüdischen Back-, Wasch- und Bethauses im Schlosshof, Quelle: Oberamtsbeschreibung Heilbronn, 1903. Zum Vergrößern bitte klicken.

In Talheim, heute Landkreis Heilbronn, waren vermutlich bereits im 15. Jh. Juden ansässig, die aus der nahen Reichsstadt vertrieben wurden. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. bezogen einige jüdische Familien aus Horkheim einen Teil des Oberen Schlosses, der kurz zuvor in württembergischen Besitz gekommen war. Der andere Teil des Gebäudes gehörte einem Vertreter des Hauses Gemmingen. Überhaupt waren die Verhältnisse höchst kompliziert in dem kleinen Ort an der Schozach, wo weitere Schlösser und Anwesen von unterschiedlichsten Eigentümern kündeten und neben Gemmingen vor allem der Deutsche Orden die Herrschaft beanspruchte. Als die jüdische Gemeinschaft mit der Genehmigung Württembergs einige Jahre nach dem Einzug ins Obere Schloss in dessen Hof ein Back- und Waschhaus erbaute und gedachte, im Obergeschoss einen Betraum einzurichten, rief das vor allem den Protest des Deutschen Ordens hervor, der sich von Württemberg brüskiert sah. Grundsätzlich erlaubte der Deutsche Orden sowohl die Ansiedlung von Juden als auch den Bau von Synagogen, wie das Beispiel Mergentheim zeigt. Auch in Talheim habe sich der Orden demgegenüber zunächst offen gezeigt, hieß es. Der sich entwickelnde württembergisch-deutschordensche Konflikt gipfelte darin, dass die Nutzung des Betraums durch die Entfernung von Fenstern, Läden und das Konfiszieren eines Teils der Kultgegenstände unbrauchbar gemacht wurde. Mehrere Jahre kriselte es, bevor der mittlerweile durch Witterungseinflüsse beschädigte Saal wieder benutzt werden durfte. Als 1805/06 die gesamte Herrschaft über Talheim an Württemberg fiel und die jüdische Bevölkerung mehr Rechte erhielt, gaben die jüdischen Familien ihre Wohnungen im Oberen Schloss auf und ließen sich im Ort nieder. Ihren Höchststand erreichte die Gemeinde 1858 mit rund 120 Mitgliedern.

Während der Pogrome 1938 und im Zweiten Weltkrieg erlitt das Gebäude im Schlosshof schwere Schäden. Es zerfiel und wurde in den 1950er Jahren abgebrochen.

Einen Filmbeitrag über die jüdische Landgemeinde Talheim sendete die SDR-Abendschau am 20.08.1963. Im Film zu sehen ist auch Theobald Nebel, der als junger Lehrer in den 1950er Jahren der am Beispiel Taheim eine der ersten ortsgeschichtlichen Studien zu einer jüdischen Landgemeinde nach dem Zweiten Weltkrieg erstellt hatte und auch danach dazu beitrug, dass die regionalen Aspekte der jüdischen Geschichte in Württemberg nicht in Vergessenheit gerieten.

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Naturschutzgebiet Taubergießen, im Vordergrund links Rhinau (Frankreich), am Horizont die Gemeinde Rust - Quelle LMZ BW
Naturschutzgebiet Taubergießen, im Vordergrund links Rhinau (Frankreich), am Horizont die Gemeinde Rust [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

Die sogenannte Ramsar-Konvention ist ein globales Abkommen, das nach der iranischen Kleinstadt Ramsar am Kaspischen Meer benannt ist, in dem das „Übereinkommen über den Schutz von Feuchtgebieten" am 2. Februar 1971 beschlossen wurde.

Es handelt sich um das älteste und bedeutendste globale Naturschutzabkommen, das bisher von 168 Staaten unterzeichnet wurde. Deutschland ist dem Ramsar-Abkommen 1976 beigetreten und hat bisher 35 Ramsar-Gebiete benannt.

Das “Montreux-Verzeichnis” ist das wichtigste Instrument der Konvention. Hier werden die Feuchtgebiete aufgelistet, in denen eine nachteilige und langfristige Veränderung der ökologischen Verhältnisse stattgefunden hat, stattfindet oder sehr wahrscheinlich stattfinden wird. Diese Gebiete brauchen demzufolge höchste Aufmerksamkeit und sofortige Schutzmaßnahmen. In Deutschland befindet sich momentan keines der Schutzgebiete auf der Montreux-Liste.

In Baden-Württemberg liegen die drei Ramsar-Gebiete Wollmatinger Ried und Mindelsee sowie seit August 2008 das grenzübergreifende Ramsar-Gebiet Oberrhein/Rhin supérieur.

Das Wollmatinger Ried am Bodenseeufer westlich von Konstanz das größte Ramsar-Schutzgebiet. Über 290 Vogelarten wurden in dem knapp 800 ha großen Schutzgebiet gezählt, 330 Großschmetterlingsarten und 50 Libellenarten. Auch die Pflanzenwelt ist wertvoll und vielfältig.

Der Rheingletscher hinterließ in der hügeligen Grundmoränenlandschaft des Bodanrücks vor etwa 14.000 Jahren viele wassergefüllte Geländemulden, in denen Moore entstanden. Das größte ist das Mindelseemoor. Bereits seit 1938 steht der Mindelsee und seine Umgebung unter Naturschutz.

Das gesamte Ramsar-Gebiet Oberrhein – Rhin supérieur erstreckt sich zwischen Basel/Ville-Neuf und Weil am Rhein im Süden auf beiden Seiten des Rheins über rund 190 Kilometer bis nach Karlsruhe. Der Oberrhein wurde auf baden-württembergischer und elsässischer Seite vom Sekretariat der Ramsar-Konvention am 28. August 2008 wegen seiner überragenden Naturausstattung, seiner kulturellen Bedeutung und seiner hydrologischen Funktionen als Feuchtgebiet internationaler Bedeutung und weltweit 10. grenzübergreifendes Ramsar-Gebiet anerkannt.

In diesem Jahr entfällt pandemiebedingt die eigentlich vorgesehene zentrale Fest-Veranstaltung zur Ramsar-Konvention am 2. Februar. Dafür bietet sich die Möglichkeit das Ramsar-Gebiet Oberrhein auf deutscher und französischer Seite in einer Exkursionswoche noch bis zum Sonntag, dem 6. Februar, unter dem Motto „Handeln für Feuchtgebiete“ unter fachkundiger Begleitung hautnah zu erleben. Mehr Informationen finden Sie auf der Seite des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. (JH)

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 Cleversulzbach um 1830, Quelle Landesmedienzentrum BW
Cleversulzbach um 1830, [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

Nach langen Jahren als Vikar mit wechselnden Aufenthaltsorten wurde Eduard Mörike 1834 Pfarrer in Cleversulzbach. Mörike war nicht glücklich mit seinem Brotberuf und dem von der Kirche vertretenen Christus- und Weltbild. Aufklärung und französische Revolution hatten zu rationalerem Denken und einer kritischeren Sicht der Dinge in Wissenschaft und Gesellschaft beigetragen, auch im Hinblick auf theologische Fragen. Mörike erkannte einen „theologischen Bankerott“ und suchte nach neuen Formen der Vermittlung religiöser Inhalte. Für sich persönlich bestanden diese aus poetischen Empfindungen. Für seine Gemeinde schuf er das Bild einer „jenseitigen Fortdauer“, einer „neuen Natur“ für die Seelen der Verstorbenen.

In Mörikes dichterischen Werken finden sich so oft überraschend moderne Ansätze, Spitzfindigkeiten oder Abgründe, Ausdruck einer als irrational empfundenen Welt, die sich dem persönlichen Einfluss entzieht. Das Gedicht vom Turmhahn entstand, als 1840 der alte Wetterhahn auf der Pfarrkirche von Cleversulzbach entfernt wurde. Mörike überarbeitete es mehrfach bis zu seiner Veröffentlichung 1852. Er hatte sich schon 1844 von seinem Pfarramt beurlauben lassen, 1851 geheiratet und war mit seiner Frau nach Stuttgart gezogen, wo er als Lehrer am Königin-Katharina-Stift zu arbeiten begann.

In Sturm und Wind und Regennacht
Hab ich allzeit das Dorf bewacht.
Manch falber Blitz hat mich gestreift,
Der Frost mein' roten Kamm bereift,
Auch manchen lieben Sommertag,
Da man gern Schatten haben mag,
Hat mir die Sonne unverwandt
Auf meinen goldigen Leib gebrannt.
So ward ich schwarz für Alter ganz,
Und weg ist aller Glitz und Glanz.
Da haben sie mich denn zuletzt
Veracht't und schmählich abgesetzt.
Meinthalb! So ist der Welt ihr Lauf,
Jetzt tun sie einen andern 'nauf.
Stolzier, prachtier und dreh dich nur!
Dir macht der Wind noch andre Cour.

Das gesamte Gedicht über den Turmhahn gibt es im Goethezeitportal.

Mehr über die Spuren Mörikes im Literaturland BW.

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Abendkleid aus dem Haus Dior, entstanden 1961-1962, [Quelle: Landesmuseum Württemberg]
Abendkleid aus dem Haus Dior, entstanden 1961-1962, [Quelle: Landesmuseum Württemberg]

Am 29. Januar 1923 wurde in Stuttgart die spätere Modefotografin Waldberta – Walde - Huth geboren. Nach Kindheit und Jugend in Esslingen absolvierte sie eine Ausbildung bei Prof. Walter Hege an der Staatlichen Schule für Angewandte Kunst in Weimar. Nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnete sie ein eigenes Fotoatelier für Porträt-, Theater- und Kunstfotografie in Esslingen unter dem Namen „Künstlerische Lichtbildwerkstätte“. Ein erstes großes Projekt bekam Walde Huth mit der „Kennkarten-Aktion“, als sie bis 1946 Fotos von Esslinger Bürgerinnen und Bürgern für die neuen, von amtswegen vorgeschriebenen Inlandsausweise anfertigte. Der Porträt-Charakter der Aufnahmen und der für Walde Huth typische Humor gehen weit über das Maß üblicher Passfotos hinaus.

In den folgenden Jahren konnte sich die Fotografin erfolgreich auf dem wachsenden Markt für Werbe- und besonders Modeaufnahmen etablieren und bezog Anfang der 1950er Jahre ein größeres Studio in Stuttgart. Ein Sprungbrett in die Welt der Mode bedeuteten die Aufträge von „Esslinger Wolle“ und anderer in diesen Jahren noch zahlreich in der Region produzierender Textilunternehmen. Es folgten Aufnahmen für namhafte Modemagazine, die in den Wiederaufbaujahren ein wachsendes Publikum bedienten.

Die Damenmode der 1950er Jahre hatte mit dem „New Look“ eine zwar nicht bequeme aber sehr elegante Richtung hervorgebracht, die durch teure und sogar verschwenderische Details glänzte. Faltenreiche Röcke und weite Capes kontrastierten mit schlanken, zerbrechlichen Silhouetten. Immer kamen hochwertigen Materialien zum Einsatz. Zu den Accessoires zählten mehrreihige Perlenketten und Colliers, Hüte und Pelze, die zu dieser Zeit noch nicht in Verruf geraten waren, sowie die charakteristischen Pfennigabsätze. Ebenso unumstritten wie die Mode präsentierte sich Paris als dessen Zentrum mit Modeschöpfern wie Christian Dior oder Jacques Fath als ungekrönten Häuptern. Walde Huth arbeitete regelmäßig für Jacques Fath und bezog neben den selbst wie Kunstwerke erscheinenden Modellen gerne die Wahrzeichen der Seinestadt in ihre Aufnahmen ein. Die Sessions unter freiem Himmel wurden zu einem Markenzeichen. Für deutsche Modehersteller durfte es auch einmal das Alte Schloss in Stuttgart sein.

1956 heiratete Walde Huth den Architekturfotografen Hugo Schmölz. Bis in die 1980er Jahre entstanden Auftragsarbeiten zahlreicher namhafter Unternehmen, die sich wie ein Streifzug durch die Welt der prosperierenden Wirtschaft mit ihren Design- und Alltagsikonen ausnehmen. Nun im Kölner Studio, entwickelte das Paar variierende und sich wechselseitig beeinflussende Bildthemen und Typen. Dabei setzte sich Walde, im Gegensatz zu ihrem mehr technisch-sachlich orientierten Mann, immer wieder mit dem zeitgenössischen Frauenbild auseinander und bezog spielerisch-humorvolle bis freche Aspekte ein, getreu ihrer Prämisse stets „Etwas sehen lassen“. Nach dem Tod ihres Mannes 1986 wandte sie sich verstärkt ihrem zweiten fotografischen Ansatz, einem abstrahierenden und experimentellen Stil zu. Sie starb verarmt am 11. November 2011 in Köln.

Weitere Infos zu Walde Huth und Bildbeispiele finden Sie im Blog des Landesmuseums Württemberg.
Das Werk des Ehepaares wird im schmölz + huth Archiv verwaltet.

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 Vergoldete Hirschgulden-Klippe aus der Prägestätte Stuttgart-Berg, 1623 [Quelle: Landesmuseum Württemberg]
Vergoldete Hirschgulden-Klippe aus der Prägestätte Stuttgart-Berg, 1623 [Quelle: Landesmuseum Württemberg]

Am 17. Januar 1374 ließ der württembergische Graf Eberhard II. erstmals Münzen in Stuttgart prägen. Seitdem war Stuttgart die wichtigste Münzstätte erst der Grafschaft, dann des Herzogtums und schließlich des Königreichs Württemberg. Sie behielt ihre Funktion, als Württemberg 1871 dem Deutschen Reich beitrat und 1952 mit Baden zum Bundesland Baden-Württemberg vereinigt wurde.

Als älteste Münzeprägestätte Stuttgarts gilt das Gebäude in der Engen Straße 6, heute Bärenstraße. Hier wurden Münzen bis 1450 geprägt. Zwischen 1450 und 1724 war die Münze in dem Haus in der Alten Münz-Gasse, der heutigen Turmstraße 2, untergebracht.

Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges setzte in großen Teilen Deutschlands eine rasch fortschreitende Münzverschlechterung ein, die in der „Großen Kipper- und Wipperzeit“ der Jahre 1622/23 ihren Höhepunkt fand. Auch im Herzogtum Württemberg zeigten sich schon nach kurzer Zeit die Folgen der kaiserlichen Münzmanipulation: Ebenso wie viele fürstliche Standesgenossen trugen Herzog Johann Friedrich und seine Räte dabei keinerlei Bedenken, die guten Münzen in der herzoglichen Kasse, der Landschaftseinnehmerei, gezielt einsammeln zu lassen, sie einzuschmelzen und in geringwertigeren Münzen, bei gleichem Nominalwert, wieder ausprägen zu lassen – sich also ebenfalls an der Münzmanipulation zu beteiligen. Die Folge war zwar eine kurzfristige Steigerung der Einnahmen der Staatskasse. Diese wurde aber mit einer Explosion der Preise und Löhne bei gleichzeitiger Entwertung der Geldvermögen erkauft; zudem waren auch die staatlichen Einnahmen selbstverständlich von der Geldentwertung betroffen. Für die Massenprägung von unterwertigem „Kippergeld“ reichte die Münze in Stuttgart bald nicht mehr aus. Deshalb richtete man rasch hintereinander neben der kleinen Münze in der Alten Münz-Gasse 2 drei weitere Münzstätten in Tübingen, Christophstal bei Freudenstadt und in Stuttgart-Berg ein, so dass es in dieser Zeit in Württemberg zeitweise vier Münzstätten gab.

1842 ließ König Wilhelm I. gegenüber der Staatsgalerie Stuttgart eine neue Prägestätte erbauen, die allerdings im Zweiten Weltkrieg so schwere Schäden erlitt, dass der Prägebetrieb nur noch notdürftig weitergeführt werden konnte. 1967 zog die Prägestätte deshalb in das neu erbaute Gebäude in Bad Cannstatt um. Heute wird bei der sogenannten Staatlichen Münze Baden-Württemberg ein Viertel aller Umlaufmünzen in Deutschland geprägt. Unter diesem Namen firmieren die beiden Münzstätten Karlsruhe und Stuttgart, die sich 1998 zu einem Betrieb zusammengeschlossen haben. Trotz des Zusammenschlusses haben sich die Prägestätten die unterschiedlichen Münzzeichen mit den Buchstaben „G“ (für die Staatliche Münze Karlsruhe) und „F“ (für die Staatliche Münze Stuttgart) erhalten.

Wer mehr über das Münzwesen im Südwesten erfahren will, findet im Virtuellen Stadtlexion der Stadt Stuttgart und auf der Seite der Staatlichen Münze weitere Informationen. (JH)

 

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