Pforzheim Schlosskirche Sankt Michael Außenansicht, Bild 1 (Quelle: Landesarchiv BW, GLAK)
Pforzheim Schlosskirche Sankt Michael Außenansicht, Bild 1 [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 498-1 Nr. 2440]

Kaum ein Gebäude spiegelt die Vergangenheit der Stadt Pforzheim eindrücklicher wider als die Schlosskirche St. Michael, die als „das steinerne Geschichtsbuch der Stadt“ gilt. Sie ist eines der letzten mittelalterlichen Zeugnisse Pforzheims, dessen Stadtbild im Dreißigjährigen Krieg und im Zweiten Weltkrieg jeweils nahezu vollständig zerstört wurde. Im Jahr 1342 wurde die Kirche erstmals urkundlich erwähnt, doch man weiß, dass sie schon vorher existierte. Durch Grabungen konnten zudem zwei Vorgängerbauten nachgewiesen werden. Eine vorromanische Kapelle der Höhenburg des 9./10. Jahrhunderts und einen dreischiffigen Bau mit einer Chorapsis aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts.

Im späten Mittelalter erlangte die Stadt Pforzheim als Residenz der badischen Markgrafen eine bedeutende Vormachtstellung. Ihr Domizil war der Schlossberg, auf dem ihre Schlossanlage stand. Die Markgrafen fördern das Bildungswesen und die Lateinschule St. Michael (die heutige Schlosskirche) brachte berühmte Schüler wie Johannes Reuchlin und Philipp Melanchthon hervor. Um das Gelehrtenstift St. Michael einzurichten, wurde in spätgotischen Stilformen der Stiftschor mit Chorschranke (Lettner) und Südsakristei errichtet. Die Pläne dazu liefert Hans Spryß von Zaberfeld, der markgräfliche Baumeister.

Die Verlegung der markgräflichen Residenz nach Durlach bedeutete das Ende der Schlosskirche als Hofkirche. Stattdessen wurde der Stiftschor zur Grablege der markgräflich-badischen Familie umgestaltet und mit prächtigen Grabdenkmälern in Stilformen der Renaissance ausgeschmückt.

Nach den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wurde die Schlosskirche in den Jahren 1946 bis 1957 wieder aufgebaut. Das Staatliche Hochbauamt Nordbaden organisierte den Wiederaufbau der Schloßkirche nach denkmalpflegerischen Grundsätzen.

In einem spätgotischen Anbau der Pforzheimer Schlosskirche, dem sogenannten Reuchlinkolleg, wurde einst die Bibliothek des Humanisten, Sprachwissenschaftlers und Staatsmanns Johannes Reuchlin (1455-1522) aufbewahrt. Dieser im Zweiten Weltkrieg zerstörte Bau wurde nach Entwürfen des Hamburger Architekten Bernhard Hirche in zweijähriger Bauzeit neu errichtet und 2008 als Museum neu eröffnet. Auf rund 150 Quadratmetern mit vier Ausstellungsebenen präsentiert sich den Besucherinnen und Besuchern eine multimediale Dauerausstellung zum Leben und Werk des Vorkämpfers für die Freiheit des Geistes und des geschriebenen Wortes. Einen virtuellen Rundgang durch die Schlosskirche und das Reuchlin-Museum finden Sie hier. (JH)

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 Die in ihrer Höhle schlafenden Siebenschläfer Elsässische Werkstatt von 1418 (Quelle: Universitätsbibliothek Heidelberg)
Die in ihrer Höhle schlafenden Siebenschläfer Elsässische Werkstatt von 1418 [Quelle: Universitätsbibliothek Heidelberg]

Heute ist Siebenschläfertag. Glaubt man der Bauernregel, so bleibt das Wetter in den nächsten sieben Wochen ähnlich wie heute. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Bauernregel deutlich vor der gregorianischen Kalenderreform entstand und der Siebenschläfer eigentlich auf den 7. Juli fällt, was die meteorologische Bedeutung des Tages natürlich deutlich relativiert.

Der Name des heutigen Tages nimmt übrigens nicht Bezug auf das Tier, sondern auf eine Heiligenlegende: Sieben Brüder wurden in der Zeit der Christenverfolgung unter Kaiser Decius lebendig in einer Berghöhle nahe Ephesos eingemauert und schliefen 195 Jahre bis zum Ende der Christenverfolgung. Am 27. Juni 446 wurden sie zufällig entdeckt, wachten auf, bezeugten den Glauben an die Auferstehung der Toten und starben wenig später.

Die Illustration der sieben in einer Höhle des Berges Celyon schlafenden Jünglinge, die von zwei Rehen und einem Fuchs betrachtet werden, stammt aus den "Elsässischen Legenda aurea", der ältesten deutschen Übersetzung des Standardwerks für Heiligenlegenden im Mittelalter.

Im Ganzen haben sich 34 Codices der "Elsässischen Legenda aurea", die vornehmlich aus dem südwestdeutschen Raum stammen, erhalten. Das lateinische Original, das vor 1267 entstand, trug ursprünglich den Titel "Legenda sanctorum in uno volumine compilavit". Bekannter wurde es jedoch als "Legenda aurea" – als "goldene Legende" – ein Titel, den die Schrift bereits im 13. Jahrhundert aufgrund ihrer großen Verbreitung erhalten hatte. Sie ist in weit über 1000 Handschriften überliefert.

Der Name des Übersetzers des hier zu sehenden Werks ist unbekannt. Man weiß nur, daß seine lateinische Vorlage wohl aus dem bairisch-österreichischen Raum stammte. Gelegentlich fügte er seiner sehr selbständigen Übersetzung Erlebnisse hinzu, die er selbst auf einer Reise nach Rom gemacht hatte. Der Stoff wird in der volkssprachlichen Version in einen Sommerteil und einen Winterteil aufgespalten. (JH)
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Den Rottweiler Marktbrunnen aus der Mitte des 16. Jh. krönt die Statue eines Schweizer Amtmanns, das Bild entstand in den 1920er Jahren, Quelle Landesmedienzentrum BW
Den Rottweiler Marktbrunnen aus der Mitte des 16. Jh. krönt die Statue eines Schweizer Amtmanns, das Bild entstand in den 1920er Jahren, Quelle Landesmedienzentrum BW

Brunnen waren und sind – heute mehr im technischen Sinn – elementare Bestandteile der Wasserversorgung. Die alten, öffentlichen und oft prachtvoll gestaltete Brunnen bildeten zentrale Anlaufstellen und boten immer wieder Gelegenheit, lokale Traditionen und Selbstverständnis zum Ausdruck zu bringen.

Ein schönes Beispiel ist der Marktbrunnen von Rottenburg am Neckar aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. Lange Zeit stand Rottenburg unter habsburgischer Herrschaft. Eine glanzvolle Zeit erlebte die Stadt mit dem Musenhof der Erzherzogin Mechthild (1419-182), die in zweiter Ehe mit Albrecht VI. von Österreich, dem Bruder des Kaisers, verheiratet war. Sie gilt aus Auftraggeberin des mehrstöckigen Brunnens. Der Figurenschmuck zeigt neben Heiligen den Habsburgerkaiser Friedrich III., Erzherzog Sigmund von Tirol und Erzherzog Siegfried IV. von Tirol. Bei dem heutigen Exemplar auf dem Markplatz handelt es sich um eine Kopie, das Original befindet sich in der Stiftskirche St. Moritz.

In der Reichsstadt Rottweil stellte die Wasserversorgung aufgrund der besonderen topographischen Lage eine Herausforderung dar. Hier waren in den Häusern tiefe Kellerbrunnen gebohrt worden, um die wasserführenden Schichten erreichen zu können. Später versorgten Leitungen von außerhalb mehrere öffentliche Brunnen. Ein um 1580 erstelltes Brunnenverzeichnis führt 26 Brunnen in der Innenstadt und acht weitere in der Altstadt auf. Viele dieser Brunnen dürften schon längere Zeit existiert haben. Der Rathausbrunnen wurde bereits 1323, der Spitalbrunnen 1381 erwähnt. Auch der große Marktbrunnen aus der Mitte des 16. Jh. und weitere zu dieser Zeit erbaute Anlagen wie Grafenbrunnen, Apostelbrunnen oder Christophorusbrunnen wurden vermutlich anstelle älterer Vorgänger errichtet.

Die ursprünglich farbig gefassten und vergoldeten Figuren des Rottweiler Marktbrunnens sind in ein Bildprogramm eingebunden, das neben alttestamentarischen Helden die christlichen Tugenden und Laster sowie römische Gottheiten zeigt. Neben dieser Anspielung auf die antiken Wurzeln des Ortes bildet ein Eidgenosse den Abschluss an der Spitze der Säule. Das Vorbild dazu stammt aus der Schweiz, wo Venner - Amtleute die in Krisenzeiten zuständig waren - auf vielen Brunnen zu sehen sind. Die Darstellung nimmt Bezug auf den 1519 geschlossenen Ewigen Bund der Reichsstadt mit den schweizerischen Eidgenossen, der feierlich am Marktbrunnen beschworen wurde und aus dem neben militärischen Hilfeleistung weitreichende Handels- und Wirtschaftsbeziehungen resultierten. Auch bei diesem Brunnen handelt es sich heute um eine Kopie, die alten Figuren befinden sich in der Lorenzkapelle.

Das eher unscheinbare Erscheinungsbild des Jungbrunnens um das Jahr 2003, Quelle Landesarchiv BW
Das eher unscheinbare Erscheinungsbild des Jungbrunnens um das Jahr 2003, Quelle Landesarchiv BW

Nochmals stoßen wir hier auf die Erzherzogin Mechthilde, die 1468 dem Rottweiler Patrizier Balthasar Lutz das nahe Feckenhausen verlieh. Zum Lehen gehörte außerdem eine Quelle, deren Heilwirkung mit dem Verweis „wo zu baden nützlich sein soll“ ausdrücklich hervorgehoben wird. Dieser Jungbrunnen – der bislang einzige bekannte in Baden-Württemberg - wird in der Bäderliteratur bis ins 17. Jh. hinein gerühmt. Anfang des 16. Jh. kam die Anlage in den Besitz des Rottweiler Spitals und unterstand der Sorge des städtischen Rats. Diesem scheint der Ort wichtig gewesen zu sein, da mehrmals Maßnahmen zur Pflege von Bauten und Zufahrtswegen durchgeführt wurden. Auch in die Pürschgerichtskarte von 1564 fand der Jungbrunnen Eingang. Demnach bestand die Anlage aus einem mehrstöckigen Hauptgebäude, einem beheizbaren Brunnenhaus und einer Scheune, später wurde eine Kapelle errichtet. Die Gäste kamen aus der näheren Umgebung, die Pflege der Einrichtung oblag dem Jungbrunner. Gegen Ende des 18. Jh. kam der Badebetrieb ins Stocken. Aus der Anlage ging ein landwirtschaftlicher Betrieb hervor. Heute befindet sich im Gebäude ein Naturfreundehaus. Eine Untersuchung des Quellwassers mit modernen chemischen Mitteln erbrachte die Einstufung als Säuerling.

Zum Weiterlesen

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 Landauf, Landapp
Die Landeskunde-App Landauf, LandApp [Grafik: SPOTTERON Citizen Science]

2019 startete die Landeskunde-App von LEO-BW mit dem Ziel, das reiche Erbe an Bau-, Kultur- und Naturdenkmälern in Baden-Württemberg durch Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger zu kartieren. Mittlerweile wurden durch die Nutzerinnen und Nutzer der App über 9.000 Fotografien und Kurzbeschreibungen bereitgestellt!

Um die App stetig zu verbessern und an die Wünsche und Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer anzupassen, möchten wir von Ihnen wissen: Was können wir verbessern? Welche zusätzlichen Funktionen würden Sie sich wünschen? Für unser nächstes Update liegt der Fokus auch auf den Kategorien, unter denen Sie Ihre Beiträge in der App posten können: Fehlt Ihnen dort eine bestimmte Kategorie, um Ihre Spots vernünftig einordnen zu können, oder haben Sie sonstige Rückmeldungen zu unserer Einteilung? Schreiben Sie Ihre Rückmeldungen an uns gerne in die Kommentare, auf Twitter oder auf Facebook oder an die E-Mail-Adresse info@leo-bw.de.

Wir freuen uns über Ihr Feedback und Ihre Anregungen!

Sie kennen die App noch nicht und wollen Ihre Entdeckungen oder Lieblingsorte mit uns teilen? Dann machen Sie mit! Alle Informationen zur kostenlosen App finden Sie hier.

Einen ersten Eindruck über die bisherigen Fotos und Kurzbeschreibungen können Sie sich hier verschaffen. Denn alle Bilder aus der App werden auch auf LEO-BW präsentiert. Die detaillierten Ortskenntnisse der Nutzerinnen und Nutzer machen die Beiträge zu einer wertvollen Ergänzung der landeskundlichen Inhalte unserer Kooperationspartner. Neben bekannten Sehenswürdigkeiten wie Burgen, Schlössern, Kirchen oder Klöstern, zeugen gerade die Aufnahmen von weniger bekannten Orten oder lokalen Besonderheiten wie Wegkreuzen, Grenzsteinen oder Wohnhäusern von der kulturellen Vielfalt Baden-Württembergs. Vor allem aber wird deutlich, dass sich überall im Ländle – auch abseits bekannter Wege – geschichtsträchtige und spannende Orte finden lassen.

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 Lederfußball samt zwei Werkzeugen [Quelle: Landesmuseum Württemberg]
Lederfußball samt zwei Werkzeugen [Quelle: Landesmuseum Württemberg]

Bis ins 20. Jahrhundert waren solche Lederbälle eine Besonderheit. Häufiger waren Bälle, die aus Stoffresten zusammengeknotet waren oder es wurde damit gespielt was sich sonst anfand: Steine, Tannenzapfen, u. ä..

Lederbälle waren teuer und glichen zudem manchmal mehr einem Ei als einem Ball. Hinzu kam, dass die von einer Lederhaut umgebenen Schweinsblasen mangels Ventils an einer Stelle zugenäht werden mussten und die Naht - gerade bei Kopfbällen - häufig zu Verletzungen führte.

Lange Zeit galt der Fußballsport in Deutschland als Modesportart des Bürgertums. Arbeiter verfügten weder über genügend Freizeit noch über finanzielle Mittel für die Ausrüstung. Erst durch die Sozialgesetzgebung der Weimarer Republik erreichte der Fußball neben anderen Sportarten auch die Arbeiterschichten und wurde damit zum Massenphänomen. Seit 1918 gewann Fussball immer mehr an Attraktivität und warb den Turnvereinen die Mitglieder ab. So drohten beispielsweise in Württemberg ab 1919 dem sozialdemokratisch ausgerichtete Arbeiterturnbund (ATB) aufgrund der zunehmenden Attraktivität des Fußballs die Mitglieder wegzulaufen. Der ATB benannte sich in Arbeiterturn- und Sportbund (ATSB) um und versuchte, über eine Ausweitung des Sportprogramms hinaus auch Fußball- und Leichtathletikbegeisterte für sich zu gewinnen. Auf diese Weise mussten sich Mitglieder nicht zwischen rivalisierenden Sportverbänden entscheiden. Hatten die württembergischen Vereine bei Kriegsausbruch ca. 15.000 Mitglieder in 200 Vereinen gezählt, erhöhte sich diese Zahl 1919 aufgrund der Ausweitung des Angebots über das Turnen hinaus auf 30.000 Mitglieder in 285 Vereinen.

Mit wachsender Beliebtheit wurden durch die Erfindung der Blase mit Ventil auch die Bälle verbessert. Ein Problem jedoch blieb: Das Leder saugte sich bei Nässe mit Wasser voll und wurde im Laufe des Spiels immer schwerer. Erst durch Imprägnierung gelang es, diesen Effekt zu mindern.

In den 1960er Jahre kamen schließlich die Bälle, die aus fünf- und sechseckigen Einzelteilen zusammengesetzt waren auf den Markt. Bei der Fußballweltmeisterschaft 1986 wurde erstmals ein Fußball eingesetzt, der vollsynthetisch war und gegen Nässe damit weitestgehend unempfindlich ist. Heute werden hochwertige Bälle nicht mehr genäht, sondern verklebt, um den Einfluss der Nässe zusätzlich zu verhindern. (JH)

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