Errichtung einer Organisation für die Beobachtung und Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten sowie zur Schädlingsbekämpfung, Bild 1 [Quelle: Landesarchiv BW, StAF B 719/1 Nr. 6172]
Errichtung einer Organisation für die Beobachtung und Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten sowie zur Schädlingsbekämpfung, Bild 1 [Quelle: Landesarchiv BW, StAF B 719/1 Nr. 6172]

Kein anderes Grundnahrungsmittel hat in den letzten 300 Jahren die Ernährungslage und die Ernährungsgewohnheiten in Deutschland so nachhaltig verändert wie die Kartoffel. Die Hauptanbaugebiete für Kartoffeln in Baden-Württemberg sind die Schwäbische Alb, der Ostalbkreis, der Landkreis Heilbronn, der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald und das Schwäbische Oberland. Ohne die Versorgung mit Kartoffeln als Grundnahrungsmittel wären im 18. und 19. Jahrhundert bei Getreidemissernten wohl hunderttausende Menschen den Hungertod gestorben.

Die zunehmende Bedeutung der Kartoffel als wichtiges Grundnahrungsmittel brachte es mit sich, dass große Anstrengungen betrieben wurden, um Ernteausfälle etwa durch Schädlingsbefall zu verhindern.

Bis heute gilt der schwarz-gelb gestreifte Kartoffelkäfer als wohl größte Bedrohung für die Kartoffelpflanze und ist weltweit verbreitet. Die erste Sichtung des Käfers ist in Deutschland erst im Jahr 1877 belegt, man vermutete, dass er aus dem amerikanischen Bundesstaat Colorado mit Schiffstransporten nach Europa kam.

Da er hier keine natürlichen Fressfeinde hatte, breitete sich der Käfer rasch aus mit verheerenden Folgen für die Kartoffelernten.

Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg wurde der kleine Käfer zum Politikum. Im Ersten Weltkrieg gingen in Deutschland Gerüchte um, Frankreich versuche durch gezielte Vermehrung des Käfers (“Franzosenkäfer”), die Lebensmittelversorgung der deutschen Bevölkerung zu gefährden. Und auch im Zweiten Weltkrieg schürte die NS-Propagandamaschinerie den Verdacht, amerikanische und englische Flugzeuge würden Kartoffelkäfer über Deutschland abwerfen.

Immer wieder wurde die Bevölkerung in den Kampf gegen den Kartoffelkäfer einbezogen wie das hier abgebildete Plakat zeigt. Bei Sichtung von Käfern oder Larven sollte die Ortspolizei informiert werden. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Kartoffelkäfer-Fibel vom "Kartoffelkäfer-Abwehrdienst des Reichsnährstandes" an die Schulkinder verteilt. Zudem wurden Suchtage zur Bekämpfung des Kartoffelkäfers angeordnet. Klassenweise zogen die Schüler mit Schachteln und Dosen über die Kartoffeläcker, um Käfer, Larven und Eier einzusammeln. (JH)
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 Ruderschwingenflugfahrrad drachenförmiger Tragfläche und seitlichen Rundschirmen [Quelle: Gustav Mesmer Stiftung]
Ruderschwingenflugfahrrad drachenförmiger Tragfläche und seitlichen Rundschirme. Zahlreiche Skizzen und Aquarelle stehen in digitalisierter Form zur Verfügung [Quelle: Gustav Mesmer Stiftung]

Der Korbmacher, Künstler und Erfinder Gustav Mesmer wurde vor allem als „Ikarus vom Lautertal“ bekannt. Der Traum vom Fliegen beschäftigte Mesmer zeit seines Lebens, vor allem die Idee eines mit Muskelkraft betriebenen Flugfahrrads.

Mesmer wurde im Jahr 1903 in Altshausen, einer kleinen Gemeinde im Landkreis Ravensburg, geboren. Nach seiner durch den Ersten Weltkrieg stark verkürzten Schullaufbahn, Mesmer war damals erst 11 Jahre alt, arbeitete er als sogenannter „Verdingbub“ und billige Arbeitskraft auf unterschiedlichen Gutshöfen.

Nach sechsjährigem Aufenthalt im Benediktinerkloster Beuron als Bruder Alexander beendete er seinen Klosteraufenthalt kurz vor Ablegung der heiligen Gelübde. Mit 26 Jahren wurde Mesmer in die Psychiatrie Schussenried eingewiesen. Dort diagnostizierte man Schizophrenie und „Erfinderwahn“. Mesmers Anträge auf Entlassung zogen sich jahrelang hin. In den 1930er-Jahren unternahm er zahlreiche Fluchtversuche, die jedoch alle scheiterten. Erst im Jahr 1964 wurde er schließlich in ein selbstbestimmtes Leben entlassen. Trotz der widrigen Lebensumstände hinterließ Mesmer ein umfangreiches Werk an Zeichnungen, Skizzen, Bildern und Texten, das heute von der Gustav-Mesmer-Stiftung verwaltet und gepflegt wird. Über 800 Skizzen und Aquarelle wurden bereits digitalisiert und können auf museum-digital:baden-württemberg bewundert werden.

Ab 1964 lebte Mesmer auf der Schwäbischen Alb. Hier setzte er seine Skizzen um und probierte die selbst gebauten Fluggeräte an den umliegenden Hängen des Lautertales aus, was ihm den liebevollen Namen "Ikarus vom Lautertal" bescherte. In den 1980er Jahren kam Mesmer schließlich zu spätem Ruhm: Ausstellungen, unter anderem in Wien, Mannheim, Lausanne und Ulm stießen auf begeisterte Resonanz. Den Höhepunkt seiner späten Karriere erlebte Mesmer 1992 als eines seiner Flugfahrräder im Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Sevilla gezeigt wurde. (JH)

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Challah bei einer jüdischen Hochzeit in Ungarn, 1948 [Quelle: Wikimedia CC BY-SA 3.0]
Challah bei einer jüdischen Hochzeit in Ungarn, 1948 [Quelle: Wikimedia CC BY-SA 3.0]

Challah ist ein geflochtenes Brot, das in jüdischen Familien an Schabbat und anderen Feiertagen gegessen wird. Dabei bezeichnet das Wort Challah einen kleinen, vom Backen zurückbehaltenen Teil des Brotteigs, den die Priester im Tempel erhielten. Heute wird damit die Beziehung zum Heiligen Land ausgedrückt. Auf dem Schabbat-Tisch erinnern zwei Brote an den Auszug aus Ägypten, als eine doppelte Ration Manna vom Himmel fiel.

Zu Beginn des Schabbat werden die Kerzen angezündet, gefolgt vom Segensspruch über einem Becher Wein. Dabei sind die Brote zugedeckt. Da keine Tempelpriester mehr existieren, wird entweder ein zurückbehaltenes Stückchen des Brotteigs oder des fertigen Brotes verbrannt. Es gilt als heilig und darf nicht gegessen werden. Bei größeren Broten, ab etwa zwei Kilogramm, wird ein weitere Segensspruch ausgebracht: Gesegnet seist Du, Herr, unser Gott, König des Universums, der uns mit Seinen Geboten geheiligt und uns befohlen hat, Challah vom Teig abzusondern. Der Segen soll das Haus bis zum nächsten Schabbat erfüllen. Den Frauen, die die Zeremonie oft vollziehen, obliegt es außerdem für eine friedvolle und harmonische Stimmung zu sorgen. Wer das unterstreichen möchte, kauft die Challah nicht beim Bäcker sondern stellt sie selbst her. In der aschkenasischen Tradition bestehen die Brote aus Mehl, Hefe, Eiern und etwas Fett. Die Anzahl der Zöpfe kann variieren. Sie werden mit Mohn und Sesam bestreut, enthalten keinen süßenden Zucker und nach den koscheren Geboten auch keine Milch.

Die Zutaten für eine Challah bestehen beispielsweise aus 350g Mehl, einem Würfel Hefe, dazu Wasser und etwas Zucker oder Honig für den Vorteig, Salz, drei Eiern und drei Löffeln Öl. Daraus wird ein Hefeteig zubereitet und bei 170-190 Grad ca. 45 Minuten gebacken. Das gehaltvolle, saftige Gebäck bleibt einige Tage frisch. Eine Challah eignet sich gut als Ersatz für den beliebten schwäbischen Hefezopf und kann, da nicht süß, zum Vesper gegessen werden. Guten Appetit!

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 Der Tübinger Vertrag (Quelle: LABW)
Landtagsabschied (Tübinger Vertrag), Bild 2 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS A 37 U 1 a]

Im Sommer 1514 brach in weiten Teilen des Herzogtums Württemberg ein Aufstand aus, der die Herrschaftsgrundlage Herzog Ulrichs zu gefährden drohte. Anlass für die Erhebung der Untertanen war die Einführung einer neuen Verbrauchssteuer der herzoglichen Regierung auf wichtige Lebensmittel. Durch den aufwändigen Lebensstil des jungen Herzogs Ulrich war die Verschuldung des Landes sprunghaft gestiegen. Über Steuererhöhungen versuchte die Regierung der Finanzkrise zu begegnen. Gleichzeitige Maßnahmen zur Ausdehnung der landesherrlichen Gewalt über das Territorium schränkten die Autonomie der Untertanen ein und verstärkten Unruhe und Widerstand.

Herzog Ulrich von Württemberg konnte die durch den Volksaufstand des „Armen Konrad“ eskalierte Regierungskrise nur dadurch lösen, dass er den bürgerlichen Landständen in Bezug auf politische Mitsprache und auf Freiheitsrechte für alle seine Untertanen weitgehende Zugeständnisse machte. Im Tübinger Vertrag vom 8. Juli 1514 erhielt der Herzog die Unterstützung der Landstände gegen den Aufstand und erreichte die Übernahme seiner Schulden durch die Landschaft. Den Ständen wurde dafür das Recht der Steuerbewilligung, das Vetorecht bei Veräußerung von Landesteilen, Mitsprache über Krieg und Frieden, Rechtssicherheit in Strafsachen, das Recht freier Auswanderung und eine gewisse Mitwirkung bei der Gesetzgebung zugestanden.

Der Tübinger Vertrag blieb über 300 Jahre das zentrale Dokument der landständischen Verfassung Württembergs – jeder neue Landesherr musste ihn bei Herrschaftsantritt bestätigen. Im Gegensatz zum Bauernkrieg von 1524/25 und seiner brutalen Niederwerfung durch die Fürsten, führte die durch den „Armen Konrad“ 1514 ausgelöste Regierungskrise in Württemberg somit zu einer nachhaltigen Veränderung der staatlichen Ordnung des Herzogtums. Trotzdem wird der Tübinger Vertrag in der Geschichtswissenschaft unterschiedlich gewertet, denn der Vertrag sicherte zwar dauerhaft die Mitspracherechte der "selbstbewussten Ehrbarkeit", also der führenden Familienclans des Landes, gegenüber dem Herzog, schloss aber ebenso dauerhaft den "gemeinen Mann" von der politischen Mitwirkung aus. So gilt der Vertrag für die einen als württembergische „Magna Charta“, für die anderen ist er ein Paradebeispiel dafür, dass die württembergische „Ehrbarkeit“ allein im Interesse ihrer eigenen Machtstärkung handelte. (JH)

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Geometrischer Grundriss der Markung Habsthal bzw. der Besitzungen des Klosters Habsthal, verm. 17. Jh. (Quelle Landesarchiv BW, StAS FAS K Nr. 26)
Geometrischer Grundriss der Markung Habsthal bzw. der Besitzungen des Klosters Habsthal, verm. 17. Jh. (Quelle Landesarchiv BW, StAS FAS K Nr. 26)

Das ehemalige Dominikanerinnenkloster Habsthal, zwischen Krauchenwies, Mengen und Ostrach gelegen, ist eine der weniger bekannten Stationen der Oberschwäbischen Barockstraße. Nicht nur wegen der Kunstschätze verdient das Kloster, das heute eine benediktinische Gemeinschaft beherbergt, Beachtung.

Die Anfänge des Konvents liegen, wie bei vielen Frauenklöstern des Hochmittelalters, in einer Beginensammlung. 1259 übergab Pfalzgraf Hugo von Tübingen seinen Besitz in Habstahl der im vorderösterreichischen Mengen entstandenen Frauengemeinschaft, die fortan für das Seelenheil der Familie Sorge tragen sollte. Noch im selben Jahr wurde mit der Errichtung der Gebäude begonnen. Kurze Zeit später erteilte König Rudolf von Habsburg das Recht, die Grundherrschaft auszubauen. Bis 1728 konnten die Klosterfrauen ihren Besitz kontinuierlich erweitern. Das Kloster und die Orte Habsthal, Rosna und Bernweiler bildeten eine kleine Grund- und Niedergerichtsherrschaft, in der die Priorin auch Ortsherrin war. Im Lauf des 18. Jh. verstärkten sich die Beziehungen zu Österreich. In diese Zeit fiel auch die wirtschaftliche und religiöse Konsolidierung der Gemeinschaft. Die Verhältnisse erlaubten eine Modernisierung der nach dem Dreißigjährigen Krieg zunächst durch Jodocus Beer wiedererrichteten Anlage unter Einbeziehung von Refektorium, Kapitelsaal und Klosterkirche. Diese klassisch-spätbarocke Gestaltung, bei der Joseph Anton Feuchtmayer als Stuckateur und Gottfried Bernhard Göz als Freskomaler wirkten, prägt bis heute das Erscheinungsbild.

In der Klosterkirche verdienen zwei Gemälde Aufmerksamkeit, die um die Zeit des Wiederaufbaus, gegen Ende des 17. Jh., von Matthäus Zehender (1641-1697) geschaffen wurden. Das Bild des Hauptaltars zeigt die bei den Dominikanerinnen hochverehrte Maria. Ihr zugewandt sind der Stifter, Pfalzgraf Hugo von Tübingen, Graf Bodmann als damaliger Inhaber der Lehen, König Rudolf von Habsburg und der hl. Dominikus mit der Weltkugel, auf der Habsthal abgebildet ist.

Der rechte Seitenaltar ist den Dominikanerinnen gewidmet, wobei nochmals Maria erscheint. Sie bekrönt eine der Ordensfrauen mit einem Rosenkranz. Das Attribut verweist auf Rosa von Lima, die unter diesem Namen auch in den Orden eingetreten war. Rosa wurde 1586 unter dem Namen Isabella Flores de Oliva als Tochter einer kinderreichen, adeligen aber verarmten Familie spanischer Herkunft in Lima geboren. Sie verehrte die hl. Katharina von Siena, die ihr Leben der Armen- und Krankenfürsorge im Dominikanerinnenorden gewidmet hatte. 1606 schloss sich Isabella, nun Rosa a Santa Maria, den Dominikanerinnen an, lebte aber nicht in Klausur sondern zunächst in einer ärmlichen Hütte des elterlichen Gartens. Sie führte ein asketisches Leben, predigte und kümmerte sich um Notleidende. Auch das schwere, durch die spanischen Eroberer verschuldete Schicksal der peruanischen Ureinwohner rührte sie. Schon kurz nach ihrem Tod 1617 wurde Rosa zur Volksheiligen, nach der Heiligsprechung 1671 zur ersten offiziell anerkannten Heiligen der Neuen Welt. Die Cappella Colonna in Santa Maria sopra Minerva, Hauptkirche der Dominikaner in Rom und Grablege der Katharina von Siena, wurde ihr geweiht. Angesichts der auch in Europa präsenten Popularität von Rosa verwundert es nicht, dass sie den Weg in den neuerbauten Frauenkonvent von Habsthal fand. Vielleicht brachte der Maler Matthäus Zehender, der einige Jahre in Oberitalien gearbeitet hatte, das Motiv von dort mit. Das Altargemälde nimmt Bezug auf drei starke, von den Dominikanerinnen verehrte Frauengestalten: Maria, Rosa und Katharina von Siena. Möglicherweise ist die Darstellung auch eine Mahnung an die Disziplinlosigkeit früherer Zeiten, die immer wieder zu Krisen in dem Kloster führte.

Weiterführende Informationen:
Geschichte und weitere Abbildungen von Habsthal im Portal Klöster in Baden-Württemberg
Besitzungen des Klosters Habsthal mit den angrenzenden Gemarkungen im 18. Jh.,
Karte und Verzeichnis der Lehengüter mit Trägern im Landesarchiv BW, Staatsarchiv Sigmaringen
Abbildungen der Gemälde und weiterer Kunstschätze sowie Informationen zum heutigen Konvent auf der Homepage des Klosters

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