Die Gutachtalbrücke im Schwarzwald, eröffnet 1981, auf einem Luftbild von 2007 [Quelle: Landesmedienzentrum BW]
Die Gutachtalbrücke im Schwarzwald, eröffnet 1981, auf einem Luftbild von 2007 [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

Die höchste Brücke des Schwarzwalds befindet sich bei Titisee-Neustadt, im Süden des Gebirgszugs, der sich hier am nahen Feldbergmassiv zu Höhen von fast 1500 m erhebt. Die Brücke erreicht eine Länge von rund 750 m und überspannt mit einer Höhe von rund 100 m einen Taleinschnitt am Rande des Rötenbach-Wutach-Gebiets. In diesem Jahr wird die 1981 fertiggestellte Brücke 40 Jahre alt. Pläne dazu gab es bereits in den 1950er Jahren. Als der motorisierte Individualverkehr zunahm, quetschten sich Autos und Lastwagen auf der Strecke zwischen Freiburg und Donaueschingen durch manches Nadelöhr, darunter die Ortsdurchfahrt von Neustadt. Auch Pläne zum Bau einer Autobahn zwischen Freiburg und der Baar wurden geschmiedet, riefen aber die Naturschützer und andere Gegner auf den Plan und wurden schließlich, auch aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen nach der Ölkrise, in den späten 1970er Jahren eingestellt. Stattdessen folgte ein partieller Ausbau der Bundesstraße 31, zu dem weitere Brücken und die Erweiterung der Passage durch das Höllental gehörten.

Mit dem Bau der Gutachtalbrücke wurde 1978 begonnen. Die Straße überspannt das Tal mit elegantem Schwung, gebaut wurde von beiden Seiten aus. Sie verläuft mit rund 4,1 Prozent Gefälle und verfügt über drei Fahrstreifen. Bei der Überfahrt beeindruckt weniger die beachtliche Höhe, sondern das Bergpanorama rund um Neustadt, das während des weiteren Wegs aus verschiedenen Perspektiven erscheint. Die namensgebende Gutach darf übrigens nicht mit der Gutach verwechselt werden, die kurz nach dem Freilichtmuseum Vogtsbauernhöfe in die Kinzig mündet. Das Flüsschen vereinigt sich hier, vom Titisee kommend, nach nur kurzer Strecke mit der Wutach. Damit die Ausmaße erkennbar werden, empfehlen Insider, das Bauwerk vom Talgrund aus in Augenschein zu nehmen.

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 Trommelschlägel aus der Brillenhöhle im Achtal bei Blaubeuren-Seißen (Quelle: Landesmuseum Württemberg)
Trommelschlägel aus der Brillenhöhle im Achtal bei Blaubeuren-Seißen [Quelle: Landesmuseum Württemberg]

Die ältesten Belege für eine menschliche Musikkultur sind 40. 000 Jahre alt. Sie wurden in den Höhlen des Ach- und Lonetals am Südrand der Schwäbischen Alb gefunden und zeigen eindrucksvoll, dass Musik im Alltag der Menschen seit jeher eine wichtige Rolle gespielt hat.

Neben der Eiszeitkunst hat vor allem auch die Entdeckung der altsteinzeitlichen Flöten aus den Höhlen der Schwäbischen Alb für Aufsehen gesorgt. Flöten und der maultrommelartige Mundbogen aus dem Geißenklösterle sind jedoch aufgrund ihrer geringen Lautstärke eher Soloinstrumente. Für den Gruppentanz, der in zeitgleichen Darstellungen fast ausschließlich von Frauen aufgeführt wird und der vom Rhythmus lebt, ist die Trommel viel besser geeignet.

Zu einer solchen gehörte der gegabelte Trommelschlägel, mit dem man durch die zwei Schlagenden einen markanten Doppellaut erzeugen konnte. Gefunden wurde er in der Brillenhöhle im Achtal bei Blaubeuren-Seißen. Die Brillenhöhle - früher Zwickerhöhle genannt - ist eine Kuppelhöhle mit einem kurzen Gang und einer Halle mit zwei Deckendurchbrüchen, von denen sich ihr Name ableitet. Sie gehört zu den bedeutendsten jungpaläolithischen Fundplätzen der baden-württembergischen Urgeschichte.

Die Höhle ist aus Schutzgründen vergittert und kann im Rahmen des museumspädagogischen Programms besucht werden. Der Einblick in die Hallenhöhle ist von außen möglich.

Wer die Höhle bequem vor dem heimischen Computer besichtigen möchte, der kann das über das 3D-Modell des Landesamts für Denkmalpflege. Darüber hinaus bietet die 3D-Galerie auf LEO-BW noch zahlreiche weitere Modelle von Höhlen, Schlössern und Burgen, die virtuell entdeckt werden können oder als Inspiration für den nächsten Ausflug dienen. (JH)

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 Gerda Taro (Quelle: Wikipedia, Bild gemeinfrei)
Gerda Taro in Spanien, Juli 1937 [Quelle: Wikipedia]

Heute vor 111 Jahren wurde die Fotoreporterin Gerda Taro geboren. Die junge jüdische Frau hatte erst im Pariser Exil mit der Kameraarbeit begonnen und sich dabei einen Künstlernamen zugelegt. Gerda Taro hieß eigentlich Gerta Pohorylle und wurde im Jahr 1910 als Tochter von Gisela und Heinrich Pohorylle in Stuttgart geboren. Ihre aus Österreich-Ungarn stammenden Eltern waren ein Jahr zuvor ins württembergische Königreich eingewandert, weil in Reutlingen und Stuttgart zahlreiche Verwandtschaft mütterlicherseits bereits seit Jahrzehnten ansässig war.

Nach ihrer Kindheit und Jugend im Südwesten zog die Familie im Jahr 1929 nach Leipzig. Durch das Erstarken der Nationalsozialisten wurde Gerta Pohorylle politisches Interesse geweckt. Ohne Mitglied einer Partei zu werden, bewegte sie sich im Umfeld der KPD und vornehmlich der SAPD (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands), die sich für eine Einheitsfront gegen Hitler einsetzte. 1933 beteiligte sich Gerta Pohorylle an Flugblattaktionen und wurde kurz nach dem Reichstagsbrand verhaftet. Der glückliche Umstand, dass sie noch die polnische Staatsangehörigkeit besaß, führte zu energischen Protesten des polnischen Konsulats und nach 18 Tagen zu ihrer Freilassung aus der Schutzhaft. Im Oktober 1933 verließ sie Deutschland.

Paris wurde ihr Zufluchtsort und war Traumstadt zugleich. Ihre politische Heimat fand sie im Umfeld der Exilsozalisten der SAP, die in Paris eine Auslandszentrale aufgebaut hatte. Sie lernte Willy Brandt kennen, der seit seiner Emigration von Oslo aus die Auslandsstelle des Jugendverbandes der SAP leitete.

Ab 1934 arbeitete und lebte sie mit dem ungarischen Fotografen André Friedmann zusammen, der ihr das Fotografieren beibrachte. Sie wurde Bildagentin in einer Pariser Fotoagentur und erhielt im Frühjahr 1936 ihren ersten Presseausweis. Zu diesem Zeitpunkt gab sich das Fotografenpaar international klingende Künstlernamen, um nicht mehr als Flüchtlinge kenntlich zu sein: aus Gerta Pohorylle wurde „Gerda Taro“ und André Friedmann hieß nun „Robert Capa“. Unter diesen Namen sollten sie in die Fotografiegeschichte und die Geschichte des Spanischen Bürgerkriegs eingehen, der am 18. Juli 1936 mit dem Militärputsch von General Franco gegen die demokratisch gewählte republikanische Regierung begann.

Gerta Taro berichtete von nahezu allen Fronten, traf Ernest Hemingway, fotografierte in Lazaretten und Schützengräben. Der Spanische Bürgerkrieg erwuchs zum ersten modernen Medienkrieg. Schon die damalige Illustriertenpresse verlangte bilderhungrig den Krieg aus nächster Nähe zu sehen – ermöglicht durch moderne transportable Kleinbildkameras und lichtempfindlichere Filme. Für das Millionenpublikum der aufstrebenden Massenmedien wurde das Bild zum Reizmedium, zur Nachricht, die das Wort in den Hintergrund drängte. Am Abend des 25. Juni 1937 wurde sie an der Madrider Front unter einem Bombardement der „Legion Condor“ von einem republikanischen Panzer überrollt. Nach ihrem Tod wurde sie zur politischen Ikone. Gerda Taro ist auf dem Friedhof Père-Lachaise in Paris begraben. In Stuttgart wurde ihr 2008 ein kleiner Platz an der Hohenheimer Straße gewidmet.

Gekürzte Biographie von Irme Schaber. Aus: Württembergische Biographien 1 (2006), 275-276. (JH)
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Das ländliche Melchingen, ein Ortsteil von Burladingen, im Jahr 1988 [Quelle: Landesmedienzentrum BW]
Das ländliche Melchingen, ein Ortsteil von Burladingen, im Jahr 1988 [Quelle: Landesmedienzentrum BW]

Semmer Kerle oder koine war das erste Stück, das das neu gegründete Theater Lindenhof im 1000-Einwohner-Dorf Melchingen zur Aufführung brachte. Ein Theater, mitten auf der kargen Schwäbischen Alb – noch dazu kein volkstümliches, sondern ein Volkstheater sollte es sein mit dem besonderen Merkmal der Authentizität. Zunächst wurde das Ensemble argwöhnisch beäugt. Mittlerweile sprechen der stete Zulauf und viele Auszeichnungen für sich. In diesem Jahr wird das Theater 40 Jahre alt. Hervorgegangen aus einem linksalternativen Reutlinger Schultheaterprojekt, stand die Idee einer freien, selbstbestimmten Organisation im Mittelpunkt. Keine abgehobenen Experimente, sondern gesellschaftlich-politische und sozial aufrüttelnde Stoffe mit regionalen Bezügen aus Vergangenheit und Gegenwart sollten die Menschen erreichen und auch der Humor durfte nicht zu kurz kommen. Ein wichtiger Aspekt war von Anfang an der Dialekt und die Verbundenheit mit der Schwäbischen Alb. Wichtig und nicht zuletzt wegweisend wurden aber auch die künstlerische Qualität der Aufführungen, die örtliche Begebenheiten und Besonderheiten hervorheben und die unverstellte, eindringliche Erzählkraft und Poesie der Darstellung, die eine Brücke zu schwäbischen Dichtern und Denkern schlägt. Zum weiteren Markenzeichen wurden die sommerlichen Aufführungen an bis dahin ungewöhnlichen Orten. Das Theater schuf so eine Möglichkeit, sich mit Heimat auseinanderzusetzen ohne heimattümelnd zu werden.

Ging vielen autonomen Projekten der 1980er Jahre bereits nach kurzer Zeit die Luft aus, sorgt das Theaterwunder von der Schwäbischen Alb bis heute für Überraschungen. Gegründet als Verein, bildet mittlerweile eine Stiftung die Grundlage. Es bestehen Theaterpartnerschaften mit 21 baden-württembergischen Städten und Kooperationen, so mit dem Zimmer- und dem Landestheater Tübingen. Das Ensemble gastiert an Spielorten im In- und Ausland. Rund zwei Drittel der Aufführungen finden im Lindenhof statt. Zu den frühen Erfolgen zählt das 1984 uraufgeführte Stück Nacht oder Tag oder jetzt, eine zeitlich übergeordnete, politisch-soziale Parabel vor dem Hintergrund frühneuzeitlicher Hexenverfolgung, das mehrmals bei Gastspielen im nicht-deutschsprachigen Ausland gezeigt wurde. Zu den auf bundesebene bedeutenden Auszeichnungen zählen der Monica-Bleibtreu-Preis der Privattheatertage in Hamburg für Homo Faber im Jahr 2014 und der BKM-Preis für kulturelle Bildung im selben Jahr für das Projekt Ein Dorf im Widerstand zum Mössinger Generalstreik 1933. Aufsehen erregten auch die Inszenierungen zum Leben Friedrich Hölderlins und die „Melchinger Winterreise“ von Peter Härtling.

Mit eigenen Stücken sowie einem Kabarett- und Kleinkunstprogrammen ist das Theater Lindenhof stets offen für Experimente und bietet Angebote zum Mitmachen für alle, insbesondere Schulen.

Zum 40-jährigen Jubiläum beschäftigten sich die Masterstudierenden der Empirischen Kulturwissenschaft (EKW) Tübingen mit dem Lindenhof. Im Mittelpunkt stand die historische und gegenwärtige Alltagskultur: Wie arbeiten Menschen, wie organisieren sie ihren Alltag und wie gehen sie miteinander um? Daraus ist unter anderem die (virutelle) Ausstellung Was für ein Theater! entstanden.

Viele weitere Infos zu Konzepten, Geschichte und Projekten auf der Homepage des Theaters Lindenhof

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Katharinenfeld, heute Bolnisi [Quelle: Wikipedia gemeinfrei]
Katharinenfeld, heute Bolnissi [Quelle: Wikipedia gemeinfrei]

Zwischen 1763 und 1842 wanderten in mehreren Wellen über eine Million Deutsche nach Russland aus. Die rechtliche Grundlage bildete ein Erlass von Katharina der Großen im Jahr 1763, der den Einwanderern Religions- und Steuerfreiheit, Befreiung vom Militärdienst, Land, finanzielle Unterstützung und freie Ortswahl zusicherte. Die Interessenten mussten ausreichend Barvermögen sowie einen landwirtschaftlichen oder handwerklichen Beruf nachweisen. Die Auswanderer ließen sich zunächst an der Wolga und im Schwarzmeergebiet nieder, später lagen die Zielregionen in Südkaukasus, Georgien und Aserbaidschan. Viele dieser Ankömmlinge stammten aus Württemberg. Sie hofften Hunger und Seuchen zu entkommen aber auch religiöse Gründe spielten eine Rolle.

In Württemberg bestand eine längere pietistische Tradition, die sich in Endzeit-Erwartungen und der Hoffnung auf eine Rückkehr Jesu Christi ausdrückte. Einer der Hauptvertreter war Johann Albrecht Bengel (1687-1752), der das Weltende für 1836 berechnet hatte. Johann Heinrich Jung-Stilling (1740-1817) verkündete die Ankunft Jesu Christi am Berg Ararat im Südkaukasus. Während viele pietistische Theologen in der Kirche verblieben, lehnten radikale-pietistische Kreise sie ab und gerieten so in Konflikt mit der Obrigkeit. Auf Initiative des Generalgouverneurs des Kaukasus, General Aleksey Jermolow, kam 1817 die erste Gruppe aus Schwaikheim nach Georgien, wo die Siedlung Marienfeld entstand. Insgesamt zogen rund 1400 Familien nach Georgien. Sie gründeten Elisabethtal, Alexandersdorf, später Alexandershilf. Die größte Siedlung Katharinenfeld war die zweite Niederlassung von Auswanderern aus Aserbaidschan.

Wie bei den meisten Aussiedlern waren die Anfänge hart. Viele starben während der Reise oder nach der Ankunft. Die Kolonisten wurden zu russischen Staatsbürgern, erhielten aber einen Sonderstatus mit Deutsch als Amts- und Schulspache. Sprachliche Autonomie war eine gängige Praxis im multiethnischen Zarenreich, doch sollten missionarische Einflüsse auf andere unterbleiben. Mit der Modernisierung Russlands ab Mitte des 19. Jh. wurde der Sonderstatus aufgehoben. Sprache und Strukturen der deutschen Gemeinden blieben weiterhin erhalten. Die Einwohnerzahlen wuchsen. Es entwickelten sich wirtschaftlich und soziokulturell bedeutende Standorte, die nun, etwa mit dem Stundenwesen, zur Verbreitung protestantischen Gedankenguts beitrugen.

Die Siedlungen im Kaukasus hatten sich auf Weinbau und Cognacbrennerei spezialisiert. Katharinenfeld verfügte neben verarbeitenden Betrieben über eine Berufsschule und ein Krankenhaus. Ab 1941 wurden die deutschen Einwohner nach Sibirien und Kasachstan deportiert, wo viele Männer in den Gulags starben. Nur wenige ihrer Nachkommen kehrten ab 1979 nach Georgien zurück. Die meisten reisten in den 1990er Jahren nach Deutschland aus.

Im heutigen Erscheinungsbild der ehemals deutschen Siedlungen Georgiens finden sich nur versteckte Spuren. Kirchen wurden abgerissen oder umgenutzt, Gebäude zerfielen. Einige Gehöfte in Katharinenfeld, heute Bolnissi, zeigen das für die Siedlungshäuser typische Erscheinungsbild: mehrstöckige, giebelständige Häuser in Fachwerkausführung mit Balkonvorbauten aus Holz, vorwiegend in den oberen Geschossen, die auch umlaufen. Eine der ehemaligen Mühlen in Bolnissi beherbergt ein Hotel. Im evangelischen Gemeindehaus gibt es einen Museumsbereich und eine deutschsprachige Bibliothek. Alexandersdorf wurde zwischenzeitlich Stadtteil von Tiflis. Infolge der wachsenden touristischen Attraktivität Georgiens in den vorangegangenen Jahren und privater oder kirchlicher Initiativen konnte das eine oder andere Gebäude wiederhergestellt werden.

Zum Weiterlesen:
Krieger, Viktor, Von der Anwerbung unter Katharina II. bis 1917, in: Russlanddeutsche, Bundeszentrale für politische Bildung (aufgerufen am 24.07.2021).

Die Informationen zu den deutschen Orten in Georgien wurden dem folgenden Artikel entnommen (nicht online verfügbar):
Jan Chudozilov, Aus Württemberg in den Südkaukasus – Deutsche Siedler in Georgien, in: Schwäbische Heimat 1 (2020), S. 16-21.

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