Württembergisches Militär im Einsatz gegen das Rumpfparlament, 1849 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS J 302 Nr. 5] 
Württembergisches Militär im Einsatz gegen das Rumpfparlament, 1849 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS J 302 Nr. 5]

Nachdem die Macht der deutschen Fürsten infolge der Märzrevolution 1848 gestürzt wurde, sollte die Frankfurter Nationalversammlung die Gründung eines deutschen Nationalstaates mit Freiheits- und Grundrechten vorbereiten. Die sogenannte Paulskirchenverfassung sah die Einführung einer konstitutionellen Monarchie mit erblichem Kaiser an der Spitze vor. Doch König Friedrich Wilhelm IV., für den von der Mehrheit der Abgeordneten gestimmt hatten, lehnte die ihm angebotene Kaiserkrone ab. Angesichts des Wiedererstarkens der monarchisch-restaurativen Kräfte in den deutschen Einzelstaaten resignierte das Parlament und löste sich Ende Mai selbst auf. In der Paulskirche in Frankfurt verblieben im Laufe des Mai 1849 vor allem linke Abgeordnete.

Dies wiederum führte dazu, dass die Stadt Frankfurt auf preußischen Druck die Ausweisung der restlichen Abgeordneten aus der Stadt vorbereitete. Am 30. Mai beschloss die Mehrheit der Nationalversammlung daher, der Einladung des württembergischen Abgeordneten Friedrich Römer, der zugleich württembergischer Justizminister war, zu folgen und von der Paulskirche in die Hauptstadt Württembergs umzuziehen. Diese Lösung schien den Abgeordneten vorteilhaft, da Württemberg aufgrund innerer Spannungen und auf Betreiben Römers als erstes Königreich bereits am 28. April 1849 die Reichsverfassung anerkannt hatte und außerhalb des Einflussbereichs Preußens, aber nahe an den süddeutschen Hochburgen der demokratischen Bewegungen lag. So tagte das „Stuttgarter Rumpfparlament“ vom 6. bis zum 18. Juni in der württembergischen Hauptstadt und stellte im Rahmen der liberalen und nationalstaatlichen Märzrevolution von 1848/49 in den Staaten des Deutschen Bundes den letzte Versuch dar, die verbliebenen parlamentarisch-demokratischen Strukturen dieser Revolution, die im Frühsommer 1849 kurz vor ihrer endgültigen Niederschlagung stand, noch zu retten.

Die vom Rumpfparlament am 6. Juni eingesetzte Reichsregentschaft und deren revolutionäre Beschlüsse wurden vom Ministerium Römer und vom Landtag nicht anerkannt. Als Preußen Truppenhilfe gegen die aufrührerische Versammlung anbot, musste Römer rasch handeln. Da das Rumpfparlament seiner Aufforderung, Württemberg zu verlassen, nicht nachkam, ließ er es am 18. Juni kurzerhand durch württembergisches Militär sprengen. Sein entschlossenes Vorgehen beendete in Württemberg die eigentlich revolutionären Ereignisse und bewahrte es vor den tragischen Geschicken Badens; einzelne örtliche Aufstände wurden leicht unterdrückt.

In der Stuttgarter Leuschnerstraße erinnert noch heute eine Gedenktafel an das Stuttgarter Rumpfparlament. (JH)
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Liebenzell um 1840 auf einer Grafik von Caspar Obach, Vorlage Württembergische Landesbilbiothek Schef.qt.4592
Liebenzell um 1840 auf einer Grafik von Caspar Obach, Vorlage Württembergische Landesbilbiothek Schef.qt.4592

Vermutlich wurden die Heilquellen von Liebenzell schon im Hochmittelalter zu Badezwecken genutzt. Eine Einrichtung ist erstmals für das Jahr 1403 belegbar, als Markgraf Bernhardt I. das Untere Bad in Form eines Erblehens vergab. Heute steht hier die Paracelsus-Therme. Anfang des 15. Jh. entstand ein weiteres Oberes Bad. Auch das etwas außerhalb gelegene Kleinwildbad ist historischen Datums. Erste schriftliche Spuren finden sich in der Zeit um 1500 für ein Schweißbädlein.

Als Wildbäder wurden natürliche und somit wilde Quellen bezeichnet, die gefasst und zu Badezwecken genutzt wurden. Eine solche verlieh dem Ort Wildbad seinen Namen. Die dortige Badeanstalt Katharinenstift, die im Gegensatz zu herrschaftlichen Badeeinrichtungen aus allen Teilen der Bevölkerung Zulauf erhielt, war im 19. Jh. so überlastet, dass eine Dependance oder Verlegung nach Liebenzell in Erwägung gezogen wurde. Als in Wildbad die Entscheidung für einen Neubau fiel, eröffnete im kleinen Liebenzeller Bädlein ein privates hölzernes Badehäuschen, das seinen Wasserbedarf aus einer neu erschlossenen Quelle deckte. Nachdem der Besitzer wechselte, entstand gegen Ende des 19. Jh. das größere, bis heute erhaltene Gebäude. Aus dieser Zeit stammt auch der Name Kleines Wildbad.

Es wurde als einstockiger Fachwerkbau mit Seitenrisaliten und Satteldach auf einem steinernen Sockelgeschoss errichtet, das sich dem zur Nagold abfallenden Hang anpasst. Hier waren die Badeeinrichtungen mit einzelnen Wannen, der Quellfassung und einem großen Bassin für das Thermalwasser untergebracht. Die symmetrische Anordnung der Räume lässt auf die getrennte Versorgung der männlichen und weiblichen Gäste schließen. Im Erdgeschoss befanden sich Wirtschafts- und Sanitärräume, in den Risaliten ein Aufenthaltsraum und Stuben für die Bewirtung. Eine Loggia bot außerdem Gelegenheit zu Luftbädern, die die medizinischen Empfehlungen des 19. Jh. bei Kuraufenthalten neben Wasseranwendungen vorsahen.

Als die Quelle in der Mitte des 20. Jh. versiegte, diente das Gebäude Wohnzwecken und zeigte zunehmend Spuren der Vernachlässigung. Nach der Sanierung ab 2015, in die viel der erhaltenen Bausubstanz einbezogen werden konnte, erstrahlt das Anwesen als badhaus1897 in neuem Glanz. Schön sind die verglasten Galerien in den beiden Stockwerken, die sich auf die Gartenterrasse öffnen. Das heutige badhaus 1897 beherbergt ein Café mit Kulturwerkstatt. Der Besuch lässt sich gut mit einem Spaziergang durch die Liebenzeller Parkanlagen, einer Wanderung oder einer Kanufahrt auf der Nagold verbinden.

Weitere Infos:

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Der Vogelbrunnen im Schwetzinger Schlossgarten nach einer Fabel von Äsop, Quelle Landesmedienzentrum BW
Der Vogelbrunnen im Schwetzinger Schlossgarten nach einer Fabel von Äsop, Quelle Landesmedienzentrum BW

Unter Kurfürst Karl Theodor (1724-1799) diente das Schwetzinger Schloss in den warmen Monaten als Residenz. Der ausgedehnte Garten mit seinen Wasserflächen, –spielen und Brunnen sorgt für Erfrischung. Pavillons, Figuren, Tempel und weitere fremdländisch inspirierte Architekturen kamen nicht nur dem Bedürfnis nach Zerstreuung oder der damaligen Exotik-Mode entgegen sondern versinnbildlichen auch ein philosophisches Programm, das sich auf die klassische Antike und, im Fall der Moschee, auf den Islam und orientalische Weisheit bezieht. Darüber hinaus birgt der Garten, seit 2007 Unesco-Welterbe, noch mehr Überraschendes. Ein besonderes Kleinod stellt der Badhaus-Komplex des Architekten Nicolas de Pigage dar, der zunächst für die Ausgestaltung der Gartenanlage verantwortlich zeichnete. Das Areal gehörte zum privaten Bereich des Kurfürsten und besteht aus einem zentralen Saal mit einer Reihe von Räumen, die das eigentliche Bad ergänzen. Besondere Akzenzte setzen der Vogelbrunnen, zwei Achathäuschen und ein Laubengang mit Perspektiv.

Die große Brunnenanlage mit rund zwanzig eisernen wasserspeien Figuren entstand nach einer Fabel von Äsop, nach der die guten Vögel über den bösen Uhu triumphieren. Das Perspektiv am Ende des Laubengangs zeigt das Ende der Welt, ein durch Licht und Tunneleffekt in Szene gesetztes Fresko mit verblüffender Tiefenwirkung.

Eine besondere Rolle bei der Gestaltung spielte das Naturalien-Kabinett des Kurfürsten, aus dem de Pigage Stücke für die Innenausstattung entnahm. So wurde der als Grotte ausgeführte Baderaum mit Quarzen, Muscheln und Amethysten versehen. Besondere Effekte erzielte er mit stilisierten Naturnachbildungen. Metallglimmer, der nur noch in Resten erhalten ist, erzeugte den Eindruck von nassem Moos. Amethyste aus dem Naturalien-Kabinett zieren auch die Grotte zum Ende der Welt sowie die beiden Achathäuschen, die trotz ihres Namens zwar nur wenige dieser Steine aufweisen, dafür mit schönen Glasornamenten verziert sind. 1778 zog die kurfürstliche Residenz von Mannheim nach München. Schloss und Garten wurden nur noch selten vom Hof aufgesucht. Trotzdem gingen die Arbeiten im Garten weiter.

Zum Weiterlesen

Die Pfalzgrafen bei Rhein auf LEO-BW

Informationen zum Schwetzinger Schloss, aktuelle Zugangsbedingungen und weitere Anekdoten auf den Seiten von Schlösser und Gärten, zum aktuellen Themenjahr Exotik s. die Veranstaltungshinweise

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Die Pirschgänge im Gewann Schelmenhau, einige Kilometer östlich von Böblingen, Orthofoto des LEO-BW-Kartenmoduls, Quelle LGL BW
Die Pirschgänge im Gewann Schelmenhau, einige Kilometer östlich von Böblingen, Orthofoto des LEO-BW-Kartenmoduls, Quelle LGL BW

Der Böblinger Forst ist östlich der Stadt zwischen dem Gewann Beim Roten Mann und Schelmenhau von einem System befestigter, knapp unter der Erdoberfläche verlaufender Gänge durchzogen. Die gewölbten, bis zu zwei Meter hohen Tunnel umfassten ursprünglich ein System von als 600 m Länge, von denen heute noch mehr als 100 m erhalten sind. Die etwa einen Meter breite Gänge wurden über Maueröffnungen erhellt. Die Beschreibung des Oberamts Böblingen aus dem Jahr 1850 zählte die Anlage, deren Zu- und Ausgänge jeweils an der Plan- und Kastenklinge lagen, zu den Merkwürdigkeiten. Über eine Inschrift am alten Eingang ist zu erfahren, dass Herzog Carl Alexander von Württemberg 1737 die Errichtung in Auftrag gab. Die Ausführenden waren Oberforstmeister Schauroth und Baumeister Nicolaus Kraft. Das Tunnelsystem ist ein besonderes Zeugnis der Jagdleidenschaft, die zu den Vergnügungen der höfischen Gesellschaft zählte. Bis heute werden angrenzende Wasserstellen und Wiesen gerne von Rotwild aufgesucht. Die Gänge dienten dazu, sich trockenen Fußes und unbemerkt von der Beute bewegen zu können. Jagdstände, die nicht erhaltenen Schirmhäuser, bildeten die oberirdische Ergänzung

Im Vergleich zum Aufwand, der für die Errichtung von Schlössern, Hofhaltung oder Kriegsführung betrieben wurde, erscheint selbst der Bau einer solch ausgedehnten Pirschanlage nicht abwegig. Der Adel, und so auch Carl Alexander, suchte sich durch Luxus und immer neue Ideen wechselseitig zu übertrumpfen. Beschafft wurden die nicht nur für diese Zwecke benötigten immensen Geldmittel über den jüdischen Bankier und Hoffaktor Oppenheimer.

Der Herzog war weit herumgekommen, kannte den Kaiserhof in Wien und hatte an den Türkenkriegen teilgenommen. Woher die Anregung für die Gänge stammt ist unbekannt, doch erscheint es möglich, dass sich Carl Alexander durch Festungsbauten inspirieren ließ. Die einzige weitere bekannte Anlage befindet sich bei Jena, Baubeginn um 1712. Nach dem plötzlichen Tod des Herzogs 1737 verfiel die Anlage. Immer mehr Teile des Gewölbes stürzten ein. Im Winter 1919/20 konnten verbliebene Reste gesichert und saniert werden. Da sich die Pirschgänge auf dem Gelände der US-Streitkräfte befinden, sind Besichtigungen nur in Verbindung mit Führungen möglich.

Zum Weiterlesen:

Die Oberamtsbeschreibung Böblingen
Zeitreise bb – Pirschgänge im Böblinger Stadtwald
Zu Herzog Carl Alexander der Beitrag aus Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon
Johannes Wilhelm, Die Pirschgänge im Böblinger Stadtwald, Denkmalpflege Baden-Württemberg 17 (1988)

 

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Süßkind der Jude von Trimberg, Große Heidelberger Liederhandschrift, 1305. Quelle UB Heidelberg Cod. Pal. germ. 848, Bl. 355r
Süßkind der Jude von Trimberg, Große Heidelberger Liederhandschrift, 1305. Quelle UB Heidelberg Cod. Pal. germ. 848, Bl. 355r

In der Großen Heidelberger Liederhandschrift Codex Manesse erscheinen zwölf Sangsprüche des Minnesängers Süßkind der Jude von Trimberg. Die bildliche Darstellung zeigt einen vornehmen Mann mit reichem Pelzkragen und dem für Juden typischen Hut. Er steht vor einem Amtsträger mit Bischofsstab, zwei weitere Personen befinden sich in der Bildmitte. Die Gruppe ist in ein lebhaftes Gespräch vertieft, worauf die gestikulierenden Hände hindeuten.

Die Verse Süßkinds aus dem Codex Manesse enthalten zeittypische Elemente der Lieddichtung aber auch Andeutungen zu Standesunterschieden, existenziellen Nöten und, für einen fahrenden Sänger ungewöhnlich, einer Ehefrau und Kindern. In Strophe V wird das Judentum direkt angesprochen, als der Erzähler sich von den Künsten und dem Hofleben abwendet „daz mir die herren nicht went geben“. Stattdessen will er „[…] in alter juden leben mich hinnân fürwert ziehen.“

Mit dem Werk, dessen Entstehung in die Zeit zwischen 1250 und 1300 fällt, ist Süßkind von Trimberg der einzige bekannte jüdische Autor der deutschen mittelalterlichen Dichtung. Hinsichtlich seiner Identität finden sich nur wenige Hinweise. So steht die Herkunftsbezeichnung Trimberg, nahe der Trimburg im bayerischen Landkreis Kissingen, möglicherweise in Verbindung mit einem Aufenthalt Süßkinds am Hof des Bischofs von Würzburg. 1218 ist der Name in Würzburg nachweisbar, wo er im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Arztes am Dietrichspital und dem Erwerb eines Grundstücks erscheint. Eine weitere Spur führt ins hessische Schlüchtern, wo Beziehungen zu den Herren von Trimberg bestanden. Nach einem, allerdings erst im 17. Jh. angelegten Memorbuch soll der Sänger dort gestorben und begraben worden sein.

Ähnlich gestaltet sich die Interpretation des die Verse illustrierenden Bildes, das Anhaltspunkte für unterschiedliche Deutungen liefert. Der geistliche Würdenträger wurde zunächst mit Konstanz oder Fulda in Verbindung gebracht. Neuere Forschungen verorten die ihm als Attribut beigegebene Fahne in Köln, wo eine der bedeutendsten mittelalterlichen jüdischen Gemeinden bestand. So könnte eine weltliche Verhandlung zwischen Christen und einem Juden dargestellt sein, bei der der Bischof ohne Mitra agiert. Die gehobene Kleidung des Geistlichen wie des Juden kennzeichnet beide als Personen von Stand. Offenbar treten die Anwesenden einander ernsthaft und achtungsvoll gegenüber.

Mit dem Hut, der den jüdischen Teilnehmer der Runde hervorhebt, war nicht zwingend ein negatives Ansinnen verbunden. Ursprünglich sollten die Hüte auf eine östliche Herkunft und gehobenen Bildungsstatus hinweisen. Wie das obige Beispiel des Würzburger Arztes zeigt, wurden jüdische Ratgeber mit ihren Kenntnissen selbst im christlichen Umfeld geschätzt. Nach dem IV. Lateranischen Konzil (1213-1215) gehörten die Spitzhüte zur Kleiderordnung der deutschen Juden. Im Zuge der fortschreitenden Diskriminierung ihrer Träger entwickelte sich daraus ein negativ behaftetes Symbol.

Nach wie vor bleiben Fragen offen. So wird diskutiert, ob die Verse tatsächlich dem Dichter Süßkind zuzuordnen sind. Trotzdem lassen sich in Bild und Text Elemente des mittelalterlichen jüdischen Lebens erkennen und einer öffentlichen Präsenz, die sich auch im Codex Manesse verfestigt hat. Diese endete jedoch mit den Pogromen des 14. Jh. 

Zum Weiterlesen: Süßkind von Trimberg im Literaturportal Bayern

Die Sangsprüche sind online in der bibliotheca Augustana abrufbar mit einer ausführlichen Interpretation der bildlichen Darstellung

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